22.08.2017 17:13:43

UPDATE/EU prüft Zusammenschluss von Bayer und Monsanto vertieft

   --Bedenken bei Pestiziden, Saatgut und Pflanzencharakteristika

   --Vertiefte Prüfung läuft bis spätestens 8. Januar

   --Bayer strebt Genehmigung bis Jahresende an

   (NEU: Weitere Details, Marktreaktion)

   Von Olaf Ridder

   BRÜSSEL/FRANKFURT (Dow Jones)--Die EU-Kommission hat massive Bedenken gegen den Zusammenschluss des US-Saatgutriesen Monsanto mit dem Agrar- und Pharmakonzern Bayer. Trotz freiwilliger Zugeständnisse der beteiligten Konzerne genehmigte die Brüsseler Kartellbehörde die geplante Milliardenübernahme nicht im ersten Anlauf, sondern leitete eine eingehende Prüfung ein, die das Vorhaben mindestens deutlich verzögern wird.

   Die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager äußerte die Befürchtung, dass der Zusammenschluss den Wettbewerb bei Pestiziden, Saatgut sowie bei einzelnen Pflanzenmerkmalen beeinträchtigen könnte - mit negativen Folgen für Verbraucher, Landwirtschaft und die Konkurrenz. "Saatgut und Pestizide sind für Landwirte und letztlich auch für die Verbraucher von entscheidender Bedeutung", sagte Vestager. "Wir müssen auf diesen Märkten einen wirksamen Wettbewerb sicherstellen."

EU sieht Gefahr von steigenden Preisen und geringerem Wettbewerb Wenn sich die in diesen Bereichen führenden Anbieter zusammenschlössen, dann bestehe die Gefahr steigender Preise, geringerer Qualität, weniger Auswahl und nachlassender Innovation, heißt es in der Mitteilung. Vestager wies darauf hin, dass der Zusammenschluss nach den jüngsten Fusionen von Dow und Dupont sowie Syngenta und Chemchina in "weltweit bereits konzentrierten Branchen stattfinde".

   Bis spätestens 8. Januar muss die Kommission ein Ergebnis vorlegen. Damit dürfte es für Bayer-Chef Werner Baumann eng werden, das 66 Milliarden US-Dollar schwere Vorhaben wie vorgesehen bis zum Jahresende abzuschließen. Bayer setzt darauf, bis zum Jahresende eine Genehmigung aus Brüssel zu bekommen. Man werde die EU-Kommission bei der Untersuchung wie bisher "eng und konstruktiv unterstützen", hieß es in einer Mitteilung des DAX-Konzerns.

Kaum noch Alternativen zum umstrittenen Glyphosat Die Bedenken betreffen zum Beispiel das umstrittene Monsanto-Pflanzenschutzmittel Glyophosat. Bayer stelle mit Glufosinatammonium eine der wenigen Alternativen her. Überdies gehörten beide Konzerne zu einem kleinen Kreis von Wettbewerbern, die überhaupt dazu in der Lage sind, neue Wirkstoffe zu entdecken. Bedenken hat die Kommission auch, dass sich die Produkte zur Bekämpfung der Varroamilbe überschneiden. Der Parasit bedroht die Bienenvölker in Europa.

   Beim Saatgut sieht die Kommission direkte Konkurrenzen beider Konzerne bei einzelnen Gemüsesaaten. Bei Rapssamen sei Bayer einer von wenigen Anbietern, der mit dem in Europa dominierenden Monsanto-Konzern einen intensiven Wettbewerb führen könnte.

   Kritisch beurteilt die Behörde auch die verstärkte Dominanz bei bestimmten Pflanzencharakteristika, sogenannten agronomischen Marktmalen. Hier habe Monsanto auf mehreren Märkten eine weltweit vorherrschende Stellung. Bayer gehöre hier zu den wenigen Wettbewerbern, habe alternative Herbizid-Resistenz-Merkmale zu den Monsanto-Produkten entwickelt.

Dominierend bei digitaler Landwirtschaft? Prüfen will die Kommission schließlich, ob für Wettbewerber auf den genannten Geschäftsfeldern der Zugang mit ihren Produkten zu Großhändlern und Landwirten leidet. Untersucht wird dies auch im Hinblick auf die digitale Landwirtschaft, die sowohl Bayer als auch Monsanto vorantreiben.

   Bayer und Monsanto hatten ihr Fusionsvorhaben Ende Juni angemeldet und einen Monat später der Kommission Vorschläge für Zugeständnisse unterbreitet. Welche genau dies sind, wurde nicht bekannt. Die Angebote reichten jedoch nicht, um die "ernsthaften Zweifel" der Kartellwächter "an der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit der EU-Fusionskontrollverordnung zu zerstreuen", heißt es in der Mitteilung. Deshalb seien bisher auch keine Stellungnahmen von Wettbewerbern eingeholt worden.

   Um den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte umsetzen zu können, werden sich Bayer und Partner Monsanto von Geschäften trennen müssen. Klar ist bereits, dass es bei den Leverkusenern die Saatgutmarke Liberty Link und die dazugehörigenden Herbizide trifft. Nur unter dieser Bedingung hatte im Mai die südafrikanische Wettbewerbsaufsicht den Deal genehmigt. Insgesamt 30 Behörden weltweit müssen dafür grünes Licht geben.

   Die EU-Kommission erklärte, sie arbeite eng mit anderen Wettbewerbsbehörden zusammen, besonders mit dem US-Justizministerium sowie den Kartellwächtern von Australien, Brasilien, Kanada und Südafrika.

Bayer-Aktie legt stärker zu als der Markt Potenzielle Käufer für die zu verkaufenden Bereiche haben sich bereits in Stellung gebracht. BASF und Syngenta sollen nach einem unbestätigten Medienbericht bereits vorläufige Gebote für Raps-, Baumwollsaatgut sowie Liberty Link und Glufosinat an Bayer übermittelt haben.

   Die Bayer-Aktie steigt in einem ohnehin starken Marktumfeld um 2,5 Prozent und ist damit zweitstärkster Wert im deutschen Leitindex DAX. Ein Händler hält es für möglich, dass einige Anleger bereits auf ein Scheitern der Übernahme setzten und dies als positiv für den Leverkusener Konzern ansähen.

   Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

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