23.07.2024 18:35:39
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Unruhe in Polens Koalition nach Abstimmungsschlappe
WARSCHAU (dpa-AFX) - Das knappe Scheitern einer Liberalisierung des strengen Abtreibungsrechts sorgt immer noch für Unruhe in der polnischen Mitte-Links-Koalition. Ministerpräsident Donald Tusk entließ einen Abgeordneten seiner Partei Bürgerkoalition (KO), Waldemar Slugocki, als Vizeminister für Entwicklung und Technologie. Slugocki und zwei weitere Abgeordnete der KO hatten bei der Abstimmung am 12. Juli im Parlament in Warschau gefehlt oder sich enthalten. Für den Entwurf des kleinen linken Bündnispartners Lewica hatten nur 215 Abgeordnete im Sejm votiert, dagegen waren 218 Abgeordnete.
Allerdings gingen der seit Dezember 2023 amtierenden Koalition noch mehr eigene Leute von der Fahne, vor allem 24 Abgeordnete des christlich-konservativen Dritten Wegs. Vizeregierungschef Wladyslaw Kosiniak-Kamysz sagte in einem Interview, seine Polnische Volkspartei PSL, die zum Dritten Weg zählt, sei kein Vasall von Tusks KO.
Liberalisierung war Wahlversprechen
"Es hat sich als Illusion erwiesen, dass die Befürworter einer Liberalisierung des Abtreibungsrechts eine Mehrheit im Sejm bilden", kommentierte Tusk. "Nein, wir sind eine Minderheit in diesem Sejm." Er gestand ein, dass er nicht die Argumente gefunden habe, um alle in seinem Regierungsbündnis zu überzeugen. Für Tusk ist eine Entschärfung des Abtreibungsrechts ein Wahlversprechen, für das er 2023 die Stimmen vieler Frauen in Polen erhalten hat.
In der strengen polnischen Gesetzeslage ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt
- oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das
ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen. Die Abtreibung selbst wird zwar nicht strafrechtlich geahndet. Aber für Beihilfe drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Dies kann auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen, die einer Schwangeren Tabletten zur Abtreibung besorgen. Der Gesetzentwurf sollte die Beihilfe straffrei stellen.
Justiz soll weniger streng vorgehen
Slugocki und der Abgeordnete Roman Giertych wurden nach der Abstimmung auch aus der Fraktion der KO ausgeschlossen. Regierungschef Tusk nahm Giertych aber in Schutz: Dieser sei ein bekannter Abtreibungsgegner, seine Stimme für das Gesetz sei nicht zu erwarten gewesen. Bis zu einem neuen Vorstoß wies der Ministerpräsident die Ministerien für Justiz und Gesundheit an, die Vorgaben an die Staatsanwaltschaft zu ändern, um Frauen das Leben zu erleichtern. Dabei solle es um den Umgang mit natürlichen Fehlgeburten gehen. Frauen sahen sich dem Verdacht ausgesetzt, ihr Kind abgetrieben zu haben./fko/DP/ngu
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