29.12.2023 06:01:00

Totschnig sieht weiter Handlungsbedarf bei unfairen Handelspraktiken

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) ortet weiter Handlungsbedarf bei unfairen Handelspraktiken von Supermarktketten. "Es ist ganz wichtig, dass man genau hinschaut", sagte Totschnig im APA-Interview mit Verweis, auf den im Herbst veröffentlichten Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zur Lebensmittelbranche. Zwischen Handel und Landwirtschaft müsse es eine "partnerschaftliche und konstruktive Zusammenarbeit" geben.

Spar, Rewe (u.a. Billa, Penny), Hofer und Lidl verfügen in Österreich zusammen über einen Marktanteil von über 90 Prozent und haben dadurch eine große Verhandlungsmacht gegenüber österreichischen Lebensmittelproduzenten und Landwirten. Vier von zehn befragten Lieferanten, die an große Supermarktketten liefern, sind nach eigenen Angaben von sogenannten "schwarzen Klauseln" betroffen, geht aus der 269-seitigen BWB-Branchenuntersuchung hervor. Zu den "schwarzen Praktiken" gehören unter anderem einseitige Vertragsänderungen, Zahlungen ohne eine Verbindung zu Lieferungen und Zahlungen für unverschuldeten Qualitätsverlust. Seit März 2022 können sich von unlauteren Handelspraktiken betroffene Betriebe anonym an das "Fairness-Büro" wenden. Die Erstanlaufstelle ist als unabhängige Dienststelle im Landwirtschaftsministerium eingerichtet.

Scharfe Kritik an den heimischen Supermarktketten - wie von seiner Vorgängerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) mehrfach geäußert - will Totschnig nicht anbringen. "Wir haben einen konstruktiven Austausch mit dem Lebensmitteleinzelhandel." Man brauche "eine rot-weiß-rote Partnerschaft", so der Landwirtschaftsminister.

Bis zur planmäßigen Nationalratswahl im Herbst 2024 hat Totschnig noch drei Vorhaben auf nationaler Ebene im Fokus: Mit dem land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz soll erstmals eine inhaltliche Koordinierung der bundesweit einheitlichen Berufsausbildung im Bereich Land- und Forstwirtschaft erfolgen und der Lehrberuf Berufsjagdwirtschaft soll geschaffen werden. Außerdem ist noch eine Novelle des Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes geplant, um im Krisenfall besser vorbereitet zu sein. Beim geplanten Erneuerbare-Gase-Gesetz sind Biogas-Quoten vorgesehen. Bei allen drei Vorhaben ist für den Gesetzesbeschluss eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Weiter auf der Agenda steht auch das Thema Boden. Im Juni hat die von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden getragene Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) den Beschluss der österreichischen Bodenschutzstrategie vertagt. Die Strategie soll eine Reduktion der weiteren Flächeninanspruchnahme und Bodenversiegelung bis 2030 bringen. Man kämpfe für eine Einigung bei der Zielformulierung, sagte Totschnig. Seit Dezember hat die ÖROK ein neues Boden-Datenmodell. Die gesamte Flächeninanspruchnahme im Jahr 2022 betrug in Österreich 6,7 Prozent der Landesfläche und 17,3 Prozent des Dauersiedlungsraums. Auch wenn es noch kein Reduktionsziel gibt, können sich Länder und Gemeinden bereits an den vier generellen Zielen der Bodenstrategie orientieren: Schutz von Frei-und Grünland, Unterbindung der Zersiedelung, effiziente Innenentwicklung von Orten, um geeignete Baulandbestände im Siedlungsgebiet bestmöglich zu nutzen sowie Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit.

Auf EU-Ebene will der Landwirtschaftsminister sich beim Europäischen Green Deal noch für Änderungen stark machen. Man müsse bei Naturschutz- und Pflanzenschutz-Maßnahmen darauf achten, dass sie machbar seien und am Ende die Versorgungssicherheit gewährleistet sei. "Wenn ich wo überzogene Forderungen stelle und es nicht erklären kann warum, dann ist das nicht im Sinne des Erfinders. Dann finde ich auch nicht die Zustimmung in der Bevölkerung." Auf ein Reduktionsziel bei Pflanzenschutzmittel wollte Totschnig sich nicht festlegen. Die Abgeordneten des Europaparlaments haben die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln in der EU um 50 Prozent bis 2030 im November abgelehnt.

Beim Klimawandel sind die heimischen Bauern für den Landwirtschaftsminister die "ersten Betroffenen", weil sie es bereits "jedes Jahr" spüren. "Wetterkapriolen, neue Schädlinge, invasive Arten, das sind Konsequenzen des Klimawandels". Beim Klimaschutz sieht Totschnig Österreichs Landwirtschaft auf dem richtigen Weg. "Wir sind schon sehr gut, wollen aber noch besser werden. Das Ganze muss mit Augenmaß erfolgen und es muss machbar sein." Es dürfe aber nicht dazu führen, dass die landwirtschaftliche Produktion hierzulande gedrosselt werde und man stattdessen agrarische Produkte mit einer schlechteren Klimabilanz aus dem Ausland importiere.

Im Bereich Forstwirtschaft hat die Bundesregierung im November den im Jahr 2020 mit ursprünglich 350 Mio. Euro dotierten Waldfonds um 100 Mio. Euro aufgestockt. Die Förderpolitik des Waldfonds hält Totschnig für "sehr treffsicher". "Es gibt Förderobergrenzen, damit möglichst viele daran teilnehmen können und nicht die größeren Betriebe alles abholen." Per Ende November gab es laut AMA knapp 27.000 Anträge beim Waldfonds, davon wurden über 23.100 bewilligt, 700 sind in Bearbeitung und knapp 1.400 wurden abgelehnt. Bei der finanziellen Abgeltung von Borkenkäferschäden im Wald gilt eine Förderuntergrenze von 1.000 Euro und eine Obergrenze von 200.000 Euro. Der Waldfonds fördert unter anderem auch die Wiederaufforstung nach Schadereignissen (u.a. nach Stürmen), die Entwicklung klimafitter Wälder und verstärkte Verwendung des Rohstoffes Holz.

cri/fel

APA

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