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Kritik an Inflationsziel 16.08.2023 23:45:00

Top-Ökonom Mohamed El-Erian hält Fed-Ansatz für verfehlt: Fed soll Inflation von über zwei Prozent tolerieren

Top-Ökonom Mohamed El-Erian hält Fed-Ansatz für verfehlt: Fed soll Inflation von über zwei Prozent tolerieren

• Mohamed El-Erian empfiehlt Änderung des Inflationsziels
• Fed sollte nicht riskieren, die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen
• Derzeitiges 2-Prozent-Inflationsziel ist nicht wissenschaftlich

Neben der Vollbeschäftigung hat sich die Federal Reserve (Fed) auch die Inflationsbekämpfung auf die Fahne geschrieben. Doch nachdem das Ziel, maximal 2 Prozent Inflation zu erlauben, mehrmals verfehlt wurde und deshalb die Glaubwürdigkeit der Fed angezweifelt wurde, entschloss sich im August 2020 der Fed-Chef Jerome Powell zu einem Strategiewechsel: Demnach soll das Inflationsziel fortan nur noch im Durchschnitt bei zwei Prozent liegen. Gemäß diesem neuen Average Inflation Targeting genannten Modell darf die Inflationsrate künftig auch für einige Zeit über dem 2-Prozent-Ziel gehalten werden, falls sie zuvor geraume Zeit unter diesem angepeilten Idealwert lag. Das Inflationsziel soll nicht mehr als Punktziel für jedes Jahr einzeln gelten, sondern nur noch als Durchschnitt über einen gewissen - jedoch nie näher präzisierten - Zeitraum.

Dass die vergangene Inflation berücksichtigt wird, ist neu, bis zu diesem Zeitpunkt gab es nämlich nur ein in die Zukunft gerichtetes Ziel. Mit dieser neuen symmetrischen Formulierung verschaffte sich die Fed mehr geldpolitischen Spielraum.

El-Erian rät zu höherer Inflation

Seit die Fed diesen Strategiewechsel vollzog, hat sich das wirtschaftliche Bild deutlich verändert. Um die auf ein historisches Hoch gekletterte Inflation zu bekämpfen, hat die Fed seit März 2022 ihren Leitzins von nahe null auf inzwischen eine Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent angehoben. Nach nunmehr elf Zinserhöhungen in Folge ist die Inflation seit ihrem 40-Jahres-Hoch von 9,1 Prozent im Sommer 2022 inzwischen deutlich gesunken, aber immer noch weit vom 2-Prozent-Ziel entfernt.

Ihre falkenhafte Geldpolitik ist für die Währungshüter jedoch ein Balanceakt, denn höhere Zinsen helfen zwar dabei, die Inflation zu dämpfen, können aber zugleich das Wirtschaftswachstum bremsen. Viele Marktteilnehmer befürchten deshalb ein Abgleiten in eine Rezession. Einer von ihnen ist Mohamed Aly El-Erian. Deshalb empfahl der ägyptisch-US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler in einem Gespräch mit "Marketplace"-Moderator Kai Ryssdal der US-Notenbank, lieber "ihren Stolz zu schlucken" und eine Inflationsrate von 3 Prozent hinzunehmen als starr an ihrem 2-Prozent-Ziel festzuhalten und damit zu "riskieren, die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen".

2-Prozent-Inflationsziel ist nicht wissenschaftlich

Obwohl die Währungshüter mit dem Average Inflation Targeting mehr Spielraum als früher haben, stellt Mohamed El-Erian das 2-Prozent-Inflationsziel der Fed in Frage: "Es wurde 2 Prozent gewählt, weil es die anderen Zentralbanken auch getan haben. Und dann wurde 2 Prozent gewählt, weil 2 Prozent angemessen schien. Es gibt nichts Wissenschaftliches an 2 Prozent. Das ist eine Einschätzung. Die Realität ist, dass sich die Wirtschaft verändert hat, dass die Angebotsseite problematischer geworden ist und dass eine Inflationsrate von 2 Prozent möglicherweise zu niedrig ist", argumentierte der Präsident des Queens’ College der Universität Cambridge.

Das Problem, vor dem die Fed stehe, sei jedoch, "wie ändert man sein Inflationsziel, wenn man es so lange nicht erreicht hat? Und ich glaube, der einzige Weg hierzu ist, uns 2 Prozent für 2025, 2026 zu versprechen und zu sehen, ob wir mit einer stabilen Inflationsrate leben können, die etwas höher ist", so El-Erian.

Keine neue Kritik

Es ist dies nicht das erste Mal, dass El-Erian das Inflationsziel der Fed in Frage stellt. So schrieb er etwa im Dezember 2022 in einem Beitrag für die "Financial Times", dass er das Ziel von 2,0 Prozent nicht für das ideale Inflationslevel hält. Schon damals erklärte der Top-Ökonom, dass seiner Meinung nach ein Inflationsziel von drei bis vier Prozent angemessener sei.

Redaktion finanzen.at

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