B&C-Übernahme 26.10.2018 15:55:00

Tojner-Deal könnte Pflichtangebote für Lenzing, AMAG und Semperit auslösen

Tojner-Deal könnte Pflichtangebote für Lenzing, AMAG und Semperit auslösen

Die Übernahme der B&C-Privatstiftung, die Investor Michael Tojner derzeit gemeinsam mit einem Konsortium prominenter Mitstreiter einfädelt, könnte Rechtsexperten zufolge ein milliardenschweres Pflichtangebot bei den börsenotierten B&C-Beteiligungen Lenzing, AMAG und Semperit auslösen. Tojners Plan gilt zudem als juristischer Drahtseilakt und könnte langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehen.

Im österreichischen Übernahmegesetz löst ein Kontrollwechsel bei einem börsenotierten Unternehmen in der Regel ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre aus. Die könnte auch bei der B&C der Fall sein, ist aber aufgrund der Stiftungskonstruktion selbst von Juristen nicht so einfach zu beantworten. Einen ähnlich gelagerten Fall gab es bisher noch nicht. Die Entscheidung, ob es ein Pflichtangebot geben muss, liegt bei der Übernahmekommission, diese lehnte auf APA-Anfrage einen Kommentar zur Causa B&C ab.

Wie die "Presse" (Donnerstagsausgabe) berichtete, ist für Juristen vor allem die Neubesetzung des Vorstandes sowie eine Änderung in der Satzung ein Indiz für eine Veränderung der Kontrolle. Und: "Übernimmt jemand die Kontrolle über eine Privatstiftung, übernimmt er mittelbar auch die Kontrolle über die im Mehrheitsbesitz dieser Stiftung befindliche Aktiengesellschaft", sagte Mario Gall von EY Law der Zeitung. Kommt es zu einem Pflichtangebot, müsste dieses zumindest auf den Durchschnittskurs der vergangenen sechs Monate vor dem Kontrollwechsel lauten. Für alle drei Unternehmen zusammen würde es sich dabei um ein theoretisches Maximalvolumen von knapp zwei Mrd. Euro handeln.

Öffentlich bekannt ist Tojners Vorhaben nur durch Medienberichte. Laut aktueller Ausgabe des Wirtschaftsmagazins "trend" gibt es bereits Vorverträge. Tojner sowie die Letztbegünstigte der Stiftung, die Bank-Austria-Mutter UniCredit, äußern sich nicht zum Thema. Die B&C bestätigte aber, dass es die Pläne zu einer "feindlichen Übernahme" gibt, gegen die sie sich zur Wehr setzt. Besorgt sind auch die Gewerkschaften, sie fürchten einen Ausverkauf, der die Arbeitsplätze der rund 5.000 Mitarbeiter in Österreich gefährdet.

Für Juristen steht fest, einfach wird es für Tojner nicht, die Stiftung in seinen Besitz zu bringen. "Solange sich der Vorstand den 'Übernahmeplänen' widersetzt und keinen Auflösungsbeschluss fasst, bestehen meines Erachtens keine Rechtsansprüche auf das Stiftungsvermögen, die die letztbegünstigte UCM (UniCredit Mailand, Anm.) einem oder mehreren Dritten übertragen könnte", erklärte der Wiener Anwalt Alexander Hofmann, der sich unter anderem auf Stiftungs- und Unternehmensrecht spezialisiert hat, gegenüber der APA.

Hintergrund ist, dass Ansprüche aus der Letztbegünstigtenstellung erst im Falle der Auflösung der B&C entstehen. Darüber entscheidet aber der Stiftungsvorstand autonom. "Die UCM aber hat keine rechtliche Handhabe, die Auflösung der Stiftung zu erzwingen", so Hofmann. Der Jurist sieht daher keine rechtliche Basis, dass Außenstehende, also Tojner und seiner Partner, in Absprache mit der UniCredit die B&C übernehmen und das Stiftungsvermögen aufteilen.

Allerdings: "Möglicherweise wird das Konsortium mit Unterstützung der UCM versuchen, den Vorstand der B&C dazu zu drängen, ihm die Kontrolle über die Beteiligungsgesellschaften zu übertragen. Das würde zwar dem Stiftungszweck widersprechen. Hierbei könnte der UCM aber durchaus der Umstand zupass kommen, dass der AR-Vorsitzende der UCBA auch Vorstand der B&C ist (Erich Hampel, Anm.). Allerdings könnte seine Mitwirkung an Beschlüssen, die im Interesse der UCM liegen und dem Stiftungszweck widersprechen, wegen Interessenkonfliktes rechtlich angreifbar sein", meint Hofmann.

Laut "trend" haben sich sowohl Tojner als auch die B&C mit mehreren Rechtsgutachten in Stellung gebracht - die einen erklären, warum die Übernahme möglich ist, die anderen, warum nicht. Das Ganze könnte auf einen Gutachterstreit vor Gericht hinauslaufen.

Da es juristisch knifflig sein dürfte, Zugriff auf die B&C-Stiftung zu erhalten, schließ Hofmann nicht aus, dass sich auch die Politik einschaltet. "Im Hinblick auf die österreichweite Bedeutung der Industriebeteiligungen und die gute politische Anbindung der Investoren erscheint es aber auch vorstellbar, dass von Seiten der Politik ein Druck auf den Stiftungsvorstand ausgeübt wird, sich den Übernahmewünschen der Investoren zu fügen", so Hofmann gegenüber der APA.

Dem "trend" zufolge sind unter anderem Andritz-Boss Wolfgang Leitner, KTM-Eigentümer Stefan Pierer, "Krone"-Chef Christoph Dichand und Martin Ohneberg, Präsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung, Teil des Konsortiums.

(Schluss) pro/tsk

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Bildquelle: Markus Kirchgatterer / Lenzing AG,AMAG

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