EURONEXT 100
25.05.2013 17:15:31
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Telekomfirmen verkaufen Daten über ihre Kunden
The Wall Street Journal Deutschland Von Anton Troianovski
Mobilfunkanbieter haben Zugang zu Massen an Informationen über ihre Kunden. Sie wissen, wo die Smartphone-Nutzer gerade sind, wo sie hingehen, welche Webseiten sie im Internet besuchen. Diese Informationen verkaufen sie neuerdings an Werbefirmen - eine Praxis, die man zwar von Anbietern kostenloser Internetdienste wie Google und Facebook kannte, aber nicht von Mobilfunkfirmen, die monatlich Geld für ihre Dienste erhalten.
Für Werbefirmen sind diese Informationen Gold wert. Die typischen Daten über die Internetnutzung, die zum Beispiel auch Google sammelt, können Mobilfunkfirmen mit Daten über den tatsächlichen Standort eines Nutzers verbinden. Dadurch entstehen ganz neue Sorgen bezüglich der Privatsphäre. Doch für Marketing-Firmen eröffnen sich auch neue Möglichkeiten.
Wenn ein Kunde des US-Mobilfunkanbieters Verizon Wireless mit einem Smartphone eine Website besucht, können Daten über diese Seite, den Standort des Nutzers und seinen demografischen Hintergrund als Datenpunkt bei einem Dienst namens Precision Market Insights landen. Verizon hat diesen Dienst im Oktober 2012 auf den Markt gebracht und bietet zum Beispiel Betreibern von Einkaufszentren, Stadien und elektronischen Werbetafeln Statistiken über die Handynutzer an einem bestimmten Ort an.
SAP bringt Service auf den Markt
Mehrere europäische Mobilfunkanbieter haben schon ähnliche Dienste entwickelt. Der Softwareriese SAP bringt zum Beispiel einen Service auf den Markt, der Daten über Smartphone-Nutzer und ihren Standort sammelt und diese an Marketing-Firmen weiterleitet.
Telekomfirmen sehen ein, dass diese Daten sensibel sind. Doch sie suchen auch händeringend neue Einnahmequellen, da der Mobilfunkmarkt langsam gesättigt ist. Mobilfunkanbieter sagen, dass sie keine Daten über Einzelpersonen, sondern nur über Gruppen von Nutzern verkaufen. Rechtsexperten bescheinigen, dass das nach dem Gesetz erlaubt ist. 2011 hat Verizon seinen Kunden in einem Brief mitgeteilt, dass ihre Daten auf diese Weise verwendet werden könnten.
Chris Soghoian, Spezialist für Datenschutz bei der American Civil Liberties Union, glaubt, dass Mobilfunkfirmen nur noch mehr Daten über ihre Kunden speichern werden, wenn sie damit Geld verdienen dürfen. Dadurch gibt es auch mehr Informationen über die Gewohnheiten und Bewegungen der Nutzer, die die Polizei beschlagnahmen könnte, sagt Soghoian. "Es ist die Datensammlung, die Angst macht, nicht die geschäftliche Nutzung der Daten."
Verizon sagt dazu, dass die Daten, die bei Precision Market Insights eingehen, ohnehin gesammelt werden, und dass das Unternehmen sich an das Gesetz hält, wenn die Polizei Informationen verlangt.
Widerrufsrecht
Außerdem verkaufe Verizon ausschließlich allgemeine Informationen über Gruppen von Kunden, jedoch nicht von Regierungs- und Geschäftskunden. Die Daten der meisten anderen Kunden werden standardmäßig genutzt, jedoch könnten Kunden sich auf der Internetseite von Verizon dagegen entscheiden.
Während die Mobilfunkunternehmen in den USA bereits Pläne schmieden, die Daten ihrer Kunden gewinnbringend zu veräußern, dürfte es wohl noch etwas dauern, bis die Welle auch nach Deutschland überschwappt. Die Frage lautet sowieso, ob das jemals passieren wird. Im vergangenen Jahr sorgte nämlich der spanische Anbieter Telefonica für Empörung, als er Standortdaten von deutschen Nutzern verkaufen wollte. Am Ende entschied sich das Unternehmen dagegen. Datenschutz und Privatsphäre sind hierzulande sensible Themen.
Das Basketballteam Phoenix Suns gehört zu den Kunden von Precision Market Insights. Der Dienst sammelt Daten darüber, woher die Zuschauer der Spiele kommen, damit das Team dort Werbung machen kann, von wo nur wenige Zuschauer kommen, sagt Scott Horowitz, Vice President des Teams.
Der Mobilfunkanbieter, ein Joint Venture von Verizon Communications und Vodafone, hat die Daten auch genutzt, um seine eigene Werbung zu verbessern, sagt Colson Hillier, der das Datenprogramm leitet.
Mehr über das Verhalten von Menschen erfahren
Clear Channel Outdoor Holdings, eine der weltgrößten Firmen für Werbetafeln, testet derzeit die Dienste von Precision Market Insights, sagt Suzanne Grimes, US-Vorsitzende von Clear Channel. Dadurch könnten die Werbenden messen, wie viele Menschen, die an den Werbetafeln vorbeifahren, das entsprechende Restaurant oder Geschäft besuchen. Dadurch weiß man mehr über diese Menschen und wie sie sich verhalten", sagt sie.
Das Angebot von SAP durchkämmt riesige Mengen an Daten darüber, wie und wo Menschen ihre mobilen Geräte nutzen, sagt John Sims, Vorsitzender von SAP Mobile Services. SAP teilt die Einnahmen aus dem Verkauf der Daten mit dem Mobilfunkanbieter, der die Rohdaten liefert.
Noch ist nicht bekannt, mit welchen Mobilfunkanbietern SAP zusammenarbeiten wird. Doch der Prozess steht fest: Wenn ein Smartphone-Nutzer einen Link anklickt, wird dadurch ein Datenpunkt generiert und mit Informationen über die Website und den Standort des Nutzers innerhalb eines Radius von etwa zehn Metern und mit demografischen Daten verbunden.
SAP sammelt und analysiert Daten
SAP sammelt diese Daten, analysiert das Verhalten des einzelnen Nutzers und stellt Statistiken über Gruppen von mindestens 50 Menschen zusammen, die sich an einem bestimmten Ort aufhalten. Damit können Einzelhändler zum Beispiel herausfinden, welche Internetseiten ihre Kunden besuchen, während sie sich im Laden aufhalten. Denn viele befürchten, dass Einkäufer sich beraten lassen und dann doch im Internet einkaufen.
Laut Mat Sears, Sprecher des britischen Mobilfunkanbieters EE, einem Joint Venture von Deutsche Telekom und France Télécom, werte das Unternehmen gerade den Dienst von SAP aus. Die Möglichkeit, Daten über Smartphone-Kunden analysieren und verkaufen zu können, sei wegweisend".
Gerade in den USA gewöhnen sich die Nutzer durch Dienste wie Twitter und Foursquare ohnehin schon daran, ihren Standort mit der Internetwelt zu teilen. Bald könnten Mobilfunkanbieter mit solchen Diensten sowie mit Google und Facebook in Konkurrenz treten.
Doch die Mobilfunkanbieter sagen, dass ihre Daten weit umfangreicher seien. Das sind die Informationen, die alle haben wollen, die bisher aber noch nicht verfügbar waren", sagt Horowitz, der Manager bei den Phoenix Suns.
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