09.02.2014 15:09:32

Steinmeier zieht kritische Bilanz von Afghanistan-Einsatz

   BERLIN (AFP)--Der vor zwölf Jahren begonnene internationale Einsatz in Afghanistan hat nach Einschätzung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die hohen Erwartungen nicht voll erfüllt. Bei einem Besuch in Afghanistan sagte Steinmeier am Sonntag: "Wir haben nicht alles erreicht, was wir uns vorgestellt haben." Der Minister forderte Afghanistans Präsidenten Hamid Karsai auf, das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen.

   Steinmeier war nach Angaben seines Ministeriums am Morgen im nordafghanischen Masar-i-Scharif gelandet, wo die Bundeswehr ein großes Feldlager unterhält. Danach reiste er nach Kabul weiter, wo er sich mit Karsai und mehreren Ministern traf. Dem Land stehe ein "Schlüsseljahr" bevor, sagte Steinmeier mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen und das Ende des internationalen Kampfeinsatzes. Zu den Erfolgen des Engagements am Hindukusch zählte er, dass Afghanistan "kein Ausbildungslager für islamistische Terroristen" mehr sei. Für die Zivilbevölkerung habe es spürbare Verbesserungen etwa im Bildungsangebot und in der Gesundheitsversorgung gegeben.

   "Ich hoffe, dass vieles von dem, was hier unter dem Einsatz von Gefahr und Leben in vielen Fällen auf den Weg gebracht worden ist, in Afghanistan erhalten bleibt", sagte Steinmeier, dessen Äußerungen in Berlin vom Auswärtigen Amt veröffentlicht wurden. Er machte klar, dass er dem Sicherheitsabkommen dabei eine entscheidende Rolle einräumt. Das Abkommen soll den rechtlichen Status der US-Soldaten nach dem Ende des Kampfeinsatzes regeln und dabei auch als Vorbild für andere Truppensteller dienen. Vorgesehen sind internationale Ausbildungs- und Unterstützungsmissionen, an denen sich auch Deutschland beteiligen will.

   Die Unterzeichnung des Truppenstatuts sei "wichtig", damit die Bundeswehr auch über 2014 hinaus in Afghanistan helfen könne, sagte Steinmeier. Deutschland wolle Afghanistan "auf seinem Weg in eine selbstbestimmte Zukunft unterstützen".

   Karsai verweigert die Unterzeichnung bislang und will dies seinem im April zu wählenden Nachfolger überlassen. Ohne ein solches Abkommen könnten die ausländischen Truppen zum Jahresende vollständig abgezogen werden. Delegationskreise charakterisierten das Gespräch zwischen Steinmeier und Karsai als "offenen Austausch" - im diplomatischen Sprachgebrauch kann dies als Hinweis auf ungelöste Meinungsverschiedenheiten verstanden werden.

   Vor seinem Rückflug nach Berlin wollte Steinmeier noch mit Bundeswehrsoldaten in Masar-i-Scharif zusammenkommen, wo ein Großteil der derzeit noch etwa 3000 in Afghanistan eingesetzten deutschen Armeeangehörigen stationiert ist. Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett die Verlängerung des Bundeswehr-Mandats in Afghanistan bis Ende 2014 beschlossen. Der Bundestag muss der Verlängerung des Mandats noch zustimmen.

   Kurz vor Steinmeiers Besuch hatten die Vereinten Nationen neue Zahlen zu Gewaltopfern in Afghanistan vorgelegt. 2013 seien deutlich mehr Zivilisten getötet oder verletzt worden als im Jahr zuvor, teilte die UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) am Samstag mit. Die Zahl der zivilen Opfer habe sich um 14 Prozent auf 8615 erhöht. 2959 Menschen wurden demnach getötet - fast so viele wie 2011, dem bislang tödlichsten Jahr seit 2001.

   Der Anstieg der Opferzahlen ist nach Einschätzung der UNAMA vor allem auf die Übertragung der Sicherheitsverantwortung auf die einheimischen Streitkräfte zurückzuführen. In einigen Regionen sei ein "Sicherheitsvakuum" entstanden, das die afghanische Armee nicht habe füllen können.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/smh

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   February 09, 2014 08:39 ET (13:39 GMT)- - 08 39 AM EST 02-09-14

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