25.11.2015 22:08:38

Schwäbische Zeitung: Nun sind die Bürger am Zug - Leitartikel zum Thema Volksentscheide

Ravensburg (ots) - Die Landesverfassung ist nicht unantastbar, sie kann geändert werden. Dass für Verfassungsänderungen eine Zwei-Drittel- und keine einfache Mehrheit nötig ist, zeigt, dass Schnellschüsse dabei tabu sind. Nur durch eine Veränderung der politischen Machtverhältnisse könnte an diesem Regelbuch des gesellschaftlichen Zusammenlebens noch nicht gerüttelt werden.

Auch wenn die Hürde für eine Verfassungsänderung - zum Glück - hoch ist, bedarf es mitunter Anpassungen. Dabei mag manch eine sinnvoller sein als andere. Ob Kindern hier ausdrücklich das Recht auf Achtung ihrer Würde zugestanden werden muss, darf bezweifelt werden. Schließlich gilt das Grundrecht zur Achtung der Würde des Menschen für alle Menschen, ohne Aufteilung in Altersgruppen. Dass Kinder vor Gewalt geschützt sind, ergibt sich aus dem Strafgesetz und muss nicht explizit erwähnt sein.

Eine große Errungenschaft ist hingegen die Stärkung der Instrumente direkter Demokratie. Sie bedeuten keineswegs eine Aushöhlung der repräsentativ-parlamentarischen Demokratie, sondern deren Ergänzung. Wer sich einfacher einmischen kann, tut das auch stärker. In Zeiten schwindenden Interesses an politischen Entscheidungsprozessen ist die Absenkung der Quoren für Volksbegehren und Volksentscheide ein richtiger und wichtiger Schritt. Dass die Bürger dank des neuen Volksantrags die Parlamentarier zwingen können, sich auch mit unliebsamen Themen zu beschäftigen, stärkt die Teilhabe weiter und kann helfen im Kampf gegen Politikverdrossenheit.

Mit diesen Neuerungen hat sich der Landtag seine Arbeit nicht leichter gemacht. Dafür gebührt den Abgeordneten Respekt. Eine Portion Eigennutz ist allerdings auch dabei. Zu gerne sprechen nationale Bewegungen wie Pegida und national-konservative Parteien den "Altparteien" oder auch "etablierten Parteien" ab, auf die Bürger zu hören. Dieses Argument ist hinfällig. Nun liegt es an den Bürgern selbst, wie stark sie ihre neuen Rechte des Gehörtwerdens nutzen möchten.

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