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16.08.2013 21:29:58

Schwäbische Zeitung: Leitartikel - Honorarsystem reformieren

Ravensburg (ots) - Wo gibt es denn sowas: Im Schnitt 17 Prozent mehr Einkommen innerhalb von vier Jahren. Wer würde nicht neidisch, wenn er diese Zahlen hört. Jammern und Schimpfen hat sich für die Ärzte ausgezahlt, könnte man meinen. Doch Vorsicht: Allein die Formulierung "die Ärzte" führt aufs Glatteis. Zwischen einem Radiologen und einem Hausarzt gibt es himmelweite Unterschiede - nicht nur in der Vergütung. Während erstere zu den Bestverdienern unter den Ärzten zählen, müssen manche Hausärzte, insbesondere in ländlichen Gegenden aufpassen, dass sie nicht nichts verdienen, wenn sie alte und chronisch kranke Menschen fürsorglich behandeln. Letzteren unter die Nase zu reiben, dass sie in den vergangenen vier Jahren tüchtig abzockt haben, wäre dreist. In der aktuellen Statistik werden weder regionale noch soziologische Faktoren berücksichtigt, sondern schlicht das Einkommen aller Ärzte im Durchschnitt abgebildet. Dass ein Hausarzt in einem schicken Viertel in München mit einkommensstarken Bewohnern besser verdient als sein Kollege in Hintertupfing, fällt dabei unter den Tisch.

Nur zur Klarstellung: Tränen vergießen müssen die Ärzte in Deutschland ob ihrer Honorierung natürlich nicht. Selbst Allgemeinärzte räumen ein, dass ihr Verdienst an sich schon in Ordnung wäre - wenn Einkommen und Zeitaufwand in einem vernünftigen Verhältnis stünden. Doch genau an diesem Punkt hakt es: Das Honorarsystem für Ärzte ist so ausgelegt, dass viel Geld in die Apparate-Medizin fließt - der Kernspintomograf muss schließlich bezahlt werden -, aber für Gespräche, Hausbesuche und überhaupt für Zwischenmenschliches zwischen Arzt und Patient nur wenig bezahlt wird. Bislang hat dieses System der Missachtung der weichen ärztlichen Aufgaben gut funktioniert - es fanden sich ja genügend Interessenten, die eine Praxis übernehmen wollten. Doch wenn in ländlichen Gegenden der Weg zum nächsten Hausarzt künftig nicht länger sein soll als der zum Orthopäden, dann sollte alsbald darüber nachgedacht werden, was Patienten wirklich brauchen und wie es honoriert wird.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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