04.10.2013 21:29:58
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Schwäbische Zeitung: Es braucht Liberalismus - Leitartikel
Ravensburg (ots) - Während die Bundeskanzlerin in Berlin mit den
Sozialdemokraten und den Grünen sondiert, packen die gefallenen
Liberalen ihre Koffer in der Hauptstadt. Die Häme, mit der
FDP-Abgeordnete und deren oft parteilose Mitarbeiter bedacht werden,
die Aggression gegen einzelne FDP-Bundestagsabgeordnete, sind
beschämend. Es ist schlecht bestellt um die politische Kultur in
einem Land, wenn Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sich im
Nachtreten gefallen. Wer sich über die parlamentarische Auszeit für
die Liberalen allen Ernstes freuen mag, vergisst damit auch, welche
Verdienste diese Partei sich um die Bundesrepublik erworben hat. Ohne
die Liberalen hätte es beispielsweise keine Versöhnung mit dem Osten
gegeben, vielleicht auch nicht die schnelle Wiedervereinigung nach
dem Fall der Mauer. Sie seien schließlich nur aus dem Bundestag
ausgeschieden, aber nicht aus der deutschen Politik, bekräftigt
Christian Lindner, als gelte es vor allem, sich selbst und den
letzten Getreuen Mut zu machen. Dass die Liberalen so krachend die
Bundestagswahlen verloren hat Gründe. Es liegt sicher auch daran,
dass man es nicht für nötig gehalten hat, am eigenen Image zu
arbeiten. So galt die FDP als Partei der Notare und Zahnärzte, die
sich über die spätrömische Dekadenz von Hartz-IV-Empfängern ereifern
konnte. Sie haben versäumt, sich auf die liberalen Werte zu besinnen,
für die vor mehr als 30 Jahren die Liberalen auch von jenen geschätzt
wurden, die sonst mit der Partei von Hans-Dietrich Genscher und
Walter Scheel nicht viel anfangen konnten: starke Bürgerrechte, ein
Höchstmaß an Individualismus, nur so viel Staat wie nötig, das alles
eingebunden in ein historisches Bewusstsein um die besondere deutsche
Verantwortung nach dem Nationalsozialismus. Auch wenn das noch im
Parteiprogramm steht, scheint es doch den Protagonisten abhanden
gekommen zu sein. Man muss kein Anhänger der FDP sein, um dieser
Partei zu wünschen, dass sie die nächsten vier Jahre nutzt, um sich
auf die liberale Idee zu besinnen.
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