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02.06.2016 22:47:37

Schwäbische Zeitung: "Beim Namen genannt" - Kommentar zur Armenien-Resolution des Bundestages

Ravensburg (ots) - Aus pragmatischer Sicht kann man fragen: Wozu diese Resolution? Sie macht keines der Mordopfer wieder lebendig. Sie vergiftet das sowieso angegiftete Verhältnis zur Türkei, sie ist also kontraproduktiv. Wer dieser Argumentation folgt, der erkennt auch eine gewisse Logik darin, dass sich die Kanzlerin, ihr Stellvertreter sowie der deutsche Außenminister quasi wegducken, indem sie die Abstimmung im Bundestag geschwänzt haben. Alle drei müssen schließlich weiter mit den Verantwortlichen in Ankara reden. Wahrheit statt Pragmatismus und Lüge

Aber ein solcher Pragmatismus ist instabil, kurzlebig, unehrlich. Wenn die Akzeptanz einer historischen Lüge Voraussetzung für ein gutes Verhältnis zwischen Staaten ist, dann ist dieses Verhältnis schlecht. Auf längere Sicht kann es nur besser werden, wenn die Wahrheit offen und deutlich gesagt wird. Nach vielen anderen Parlamenten, nach dem Papst und dem deutschen Bundespräsidenten, hat jetzt auch der Bundestag den Völkermord an den Armeniern und anderen Christen einen Völkermord genannt. Der ist nicht nur in groben Linien, sondern bis ins Detail wissenschaftlich erforscht und bewiesen. Nebenbei: Einer der Haupttäter damals, der türkische Kriegsminister Enver Pascha, ist zu einem Vorbild für den nächsten Völkermörder Adolf Hitler geworden, weil der Mann "das multikulturelle Gomorrha Konstantinopel erfolgreich entgiftet" habe. Türkei verhält sich ignorant

Das aktuelle Verhalten der Türkei stellt eine Mischung aus nationalistischer Ignoranz und schier bodenloser Frechheit dar. Weil der Völkermord an der christlichen Minderheit eine Bedingung war für die Gründung des Nachfolgestaats des Osmanischen Reiches, deshalb darf er nicht stattgefunden haben. Aber die Drohungen, Erpressungsversuche, die böse Rhetorik und die symbolischen Trotzreaktionen Ankaras dürfen keine Wirkung zeigen. Noch jede Geschichtsfälschung hatte ihr Verfallsdatum. Die Deutschen haben da ihre eigenen Erfahrungen. Nur Wahnsinnige oder Verbrecher leugnen noch den Holocaust - und sie müssen mit Strafe rechnen.

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Pressekontakt: Schwäbische Zeitung Redaktion Telefon: 0751/2955 1500 redaktion@schwaebische-zeitung.de

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