11.02.2015 19:24:00
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Schuldenstreit mit Griechenland tritt in heiße Phase
Varoufakis, seit zwei Wochen neuer griechischer Finanzminister, erklärte vor dem Sondertreffen der Eurogruppe Mittwochabend in Brüssel, er sei "zuversichtlich über ein konstruktives Treffen". Mehr war ihm bei seinem ersten öffentlichen Auftreten in dieser Funktion nicht zu entlocken. IWF-Chefin Christine Lagarde zeigte sich zurückhaltend. Es handle sich heute um einen Prozess, der erst beginne.
Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) drängt Griechenland zur Vorlage konkreter Vorschläge für die Schuldensituation des Landes. Erst dann könne beurteilt werden, ob solche Pläne richtig seien oder nicht. Es gebe aber "nur ganz wenige kurzfristige Wege", eine sei die Auszahlung der letzten Tranche. Allerdings müssten dafür die Bedingungen des Hilfsprogramms von Griechenland eingehalten werden. Über das Wochenende gebe es Zeit zur Bewertung, Montag sei die nächste reguläre Eurogruppensitzung, "dann werden wir die notwendigen Entscheidungen treffen".
Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble erwartet bei der heutigen Sondersitzung der Eurogruppe noch keine Ergebnisse zu Griechenland. Vor Beginn der Beratungen sagte Schäuble, "aber vielleicht setzen wir das Verfahren auf", wie es weitergehe. Jedenfalls gehe es nicht um irgendwelche roten Linien. Wenn Griechenland es wünsche, könnten mit der Troika Verhandlungen geführt werden. "Das war immer so. Aber wenn sie aus dem Programm rausgehen, sind wir ganz gespannt, welche Vorstellungen die Griechen haben".
Jedes Land sei natürlich frei zu tun, was es wolle. "Aber dieses Hilfsprogramm wird hoffentlich zu Ende gebracht oder keines". Zum Vorschlag einer Einbindung der OECD meinte Schäuble, natürlich könne damit Hilfe beim Aufbau von Verwaltungsstrukturen geleistet werden. "Dass Griechenland auf dem Weg zu einer leistungsfähigen Verwaltung viel zu leisten hat, ist wahr. Wir haben öfter bilaterale Hilfe geleistet und noch öfter angeboten", so der deutsche Finanzminister.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici meinte, er wolle als "ehrlicher Vermittler" im Konflikt zwischen Griechenland und dem Rest der Eurozone agieren. Ziel sei es, Griechenland in der Eurozone zu halten. Dies sei "gemeinsames Interesse", auch des griechischen Volkes, betonte Moscovici. Es gehe auch darum, einander zuzuhören. Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis werde erstmals "Lösungen und Vorschläge vorlegen. Und wir werden die Reaktionen der anderen Länder und Institutionen innerhalb der Eurogruppe beobachten".
Es sei sehr wichtig, eine ruhige und konstruktive Diskussion heute Nacht zu haben, um einen gemeinsamen Rahmen zu definieren, wie weiter vorgegangen werden könne. Natürlich sei die Wahl des griechischen Volkes zu akzeptieren, aber "die griechische Regierung muss auch verstehen, dass Verpflichtungen einzuhalten sind - Pacta sunt servanda", so Moscovici. Eine Lösung sollte man nach intensiver Arbeit bei der nächsten regulären Sitzung der Finanzminister der Währungsunion kommenden Montag erreichen.
Wenige Stunden vor dem Gespräch hieß es aus deutschen Regierungskreisen, Deutschland beharre auf der Troika von EZB, IWF und EU-Kommission zur Überwachung von Hilfsprogrammen für Griechenland. Die OECD sei zwar willkommen, aber sie sei eben nicht Teil der vertraglich verankerten Hilfsprogramme sei.
Zum jüngst kolportierten Plan Athens, wonach nur 70 Prozent der Strukturreformen und Schuldenrückzahlungen wie geplant eingehalten werden sollten, aber die restlichen 30 Prozent auf andere Art und Weise aufgebracht werden könnten, wollte Berlin nicht konkret eingehen.
Deutschland will in der gesamten neu aufgeflammten Schuldendebatte um Griechenland jedenfalls die Jahre vor der Krise nicht unerwähnt lassen. Es wurde darauf verwiesen, in den zehn Jahren vor 2009 Griechenland kein einziges Haushaltsdefizit unter drei Prozent erzielt habe, der öffentliche Sektor sei in dieser Dekade stark gewachsen, die Lohnstückkosten hätten sich um 34 Prozent erhöht gegenüber 24 Prozent in der Eurozone, die Löhne des öffentlichen Sektors gar um 100 Prozent gegenüber 40 Prozent in der Währungsunion. Dies könne man in der nunmehrigen Debatte nicht ausblenden. Die Eurozone und die EU hätten erhebliche finanzielle Unterstützung für Griechenland geleistet, es habe Solidarität in einem sehr großen Umfang für Athen gegeben, so groß wie gegenüber keinem anderen Land.
(Schluss) jep/ggr
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