03.11.2023 20:18:00
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Sanierer soll statt Benko an Signa-Ruder - Hohe kurzfristige Schulden
Der Tiroler Investor Rene Benko steht vor dem Rückzug als Lenker des von ihm gegründeten, und zuletzt verlustträchtigen Immobilienkonzerns Signa. An seine Stelle soll der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigter treten, sagte der Signa-Gesellschafter Hans-Peter Haselsteiner am Freitag zum "Ö1-Mittagsjournal". "Die Gesellschafter haben diesen Schritt zustimmend und auch positiv zur Kenntnis genommen." Die Signa reagierte nicht auf Medienanfragen.
Mehrere milliardenschwere Gesellschafter wie Haselsteiner, hatten Benko in einem persönlichen Schreiben aufgefordert, sich aus dem Beirat der Signa-Holding zurückzuziehen und seine Stimmrechte treuhändisch zu übertragen. "Dieser Wunsch wurde von Rene Benko einmal grundsätzlich positiv beantwortet", so Haselsteiner.
Seinerseits wolle Benko nun wissen, "ob die Gesellschafter mit einer solchen weitgehenden Lösung auch bereit wären, einen Beitrag zur Sanierung der Gruppe zu leisten", fügte Haselsteiner hinzu. Der Tiroler Investor sei zwar grundsätzlich auf den Kurs und die Forderungen der Gesellschafter eingegangen, "aber noch nicht zur Gänze". Die Gespräche würden noch laufen, zu einer Lösung könnte es Haselsteiners Angaben zufolge noch über das Wochenende kommen.
Laut der ARD-Sendung "Wirtschaft vor acht" belaufen sich die kurzfristigen Schulden der Signa auf 2 Mrd. Euro. 1,3 Mrd. Euro davon seien noch heuer zu bedienen, hieß es unter Berufung auf verschiedene Medienberichte. In der ORF-"ZiB1" zog der deutsche Wirtschaftswissenschafter Gerrit Heinemann einen drastischen Vergleich der Signa mit einem Kartenhaus: "Wenn so ein Gebäude davon abhängt, dass die Zinsen niedrig bleiben und die Zinsen und auch die Baukosten explodieren, dann kippt das ganze. Und jetzt sehen die Gesellschafter offensichtlich ihre Pfründe schwinden und versuchen noch das letzte zu retten. Aber ich glaube das wird vergeblich sein."
Gegenüber dem "Standard" (online) begründete Haselsteiner den Rückzugsappell der Investoren auch damit, dass ein "zweites Kika/Leiner" verhindert werden soll. Kika/Leiner war im Jahr 2018 von der Signa übernommen worden. Im Sommer rutschte die Möbelkette in die Insolvenz, nur wenige Tage nachdem sie Signa an neue Besitzer weiterverkauft hatte.
Laut der Darstellung vieler deutscher Medien und der "Kronen Zeitung" (online) hat Benko seine Signa-Stimmrechte an Geiwitz bereits übergeben. Geiwitz war zuvor schon als Sanierungsberater ins Boot geholt worden und kennt bereits die krisendelnde Warenhauskette Galeria Kaufhof Kaufstadt als Sanierer im Signa-Reich.
Benko hat auf dem Papier keine operative Funktion bei Signa, hält allerdings über Stiftungen direkt und indirekt Anteile an der Gruppe. Die Beteiligungsstrukturen sind komplex und es existiert kein Konzernabschluss für die Firmengruppe. Laut Firmenbuch hält die Haselsteiner Familien-Privatstiftung 15 Prozent der Holding-Anteile, Fressnapf Luxembourg rund 4,5 Prozent sowie der Schweizer Manager Ernst Tanner rund 3 Prozent - sie alle sprachen sich in dem Brief für einen Rückzug Benkos aus.
Die Bestellung von Geiwitz folgte auf eine Reihe von Turbulenzen rund um die Signa-Gruppe. So geriet etwa die Signa Sports United, der Online-Sportartikelhändler rund um Benko, in Schieflage, außerdem häuften sich Meldungen über Verluste aus der Immobiliensparte. Die Signa Development Selection wies für das erste Halbjahr 2023 einen Verlust von 190 Mio. Euro aus, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Die Schweizer Signa Retail Selection, in der wesentliche Handelsaktivitäten gebündelt sind, wies laut dem Nachrichtenmagazin News für das Wirtschaftsjahr per 30. September 2020 einen Verlust von 1,394 Mrd. Euro aus.
In Deutschland gab es Probleme bei Immobilienprojekten: So wurde der Bau des Hamburger Elbtowers offenbar wegen Zahlungsschwierigkeiten bei der Signa Prime gestoppt. Die Commerzbank-Tochter Commerz Real, die im Vorjahr bei dem Projekt eingestiegen ist, geht laut dpa jedoch davon aus, "dass die Bauarbeiten bald wieder aufgenommen werden können." Städtische Hilfen wird es allerdings keine geben, sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). "Beim Elbtower handelt es sich - anders als bei der Elbphilharmonie - um ein Projekt im Risiko der privaten Investoren, die bei einem Abbruch des Vorhabens in dieser Phase einen großen wirtschaftlichen Schaden hätten." Auch der Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne, der in Medienberichten als möglichen Geldgeber für den Elbtower gehandelt wurde, steht nach eigenen Worten nicht als Finanzier zur Verfügung.
Daneben gibt es noch weitere Baustellen in Hamburg: So verkaufe Signa weiters das Flüggerhaus am Rödlingsmarkt und stoppe den Bau der Gänsemarktpassage. Aber auch bei der Stuttgarter Sportarena in der Königstraße stockt es: Laut Stuttgarter Zeitung erhielt das planende Büro die Ansage, die zur Hälfte fertiggestellte Werkplanung für den Holzhybrid-Neubau zu unterbrechen. Andere Immobilienprojekte der Signa-Gruppe wie etwa das geplante Luxuskaufhaus Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße sollen jedoch plangemäß umgesetzt werden, wie Unternehmen gegenüber der APA bestätigten.
Geschäftsführer der Signa Holding sind Marcus Mühlberger und Christoph Stadlhuber. Mitglieder des Beirats sind unter anderem Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Wüstenrot-Chefin und Ex-Politikerin (FPÖ) Susanne Riess-Hahn, Ex-Casinos-Austria-Chef Karl Stoss und Ex-RBI-Chef Karl Sevelda.
Gusenbauer, der auch Aufsichtsratschef der Signa Prime Selection und der Signa Development Selection ist, war heute auf telefonische APA-Anfrage nicht erreichbar. Gegenüber der "Presse" (online) hielt er zu den Vorgängen rund um Benko und Geiwitz fest: "Die Kommunikation wird von den Gesellschaftern und den Geschäftsführern geführt. Sobald mir etwas vorgelegt wird, was beschlussreif ist, werde ich das in den Gremien, in denen ich bin, bewerten."
phs/fel/tpo
WEB http://www.signa.at
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