25.02.2022 18:04:38

ROUNDUP: EU-Sanktionen gegen Putin und Lawrow - Kritik an Deutschland

BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Als Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine verhängt die Europäische Union nun auch gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow Sanktionen. Möglicherweise in der EU vorhandene Vermögen der beiden Politiker sollen eingefroren werden. Für diplomatische Gespräche sollen sie nach den jüngsten Angaben aber weiter in die EU einreisen dürfen. Die EU-Außenminister wollten die neue Strafmaßnahme als Teil eines großen Sanktionspakets noch am Freitag endgültig beschließen.

Unklar blieb zunächst, ob Putin und Lawrow Vermögen in der EU haben, das eingefroren werden könnte. Wenn nicht, wären die Maßnahmen allein symbolischer Natur.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock stellte sich dennoch hinter den Schritt. "Wir treffen das System Putin dort, wo es getroffen werden muss, eben nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern in seinem Machtkern", sagte sie. Mit Blick auf das gesamte Paket fügte sie hinzu: "Das wird Russland ruinieren."

Auf die Grundzüge der Strafmaßnahmen hatten sich bereits am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs bei einem EU-Sondergipfel verständigt. Die Wirtschaftssanktionen betreffen unter anderem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport sowie Exportkontrollen für bestimmte Produkte. Das schärfste Sanktionsschwert sollte aber wegen des Widerstands Deutschlands und einiger anderer Mitgliedstaaten nicht enthalten sein: der Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift, mit dem russische Banken quasi vom globalen Finanzsystem abgeschnitten würden.

Das sorgt innerhalb der EU und in der Ukraine für Unmut. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte mit Blick auf die Luftangriffe auf die Ukraine und den Vormarsch russischer Bodentruppen auf Kiew: "Haben die gestrigen Sanktionen Russland überzeugt? Am Himmel über uns und auf unserer Erde hören wir, dass dies nicht ausreicht." Selenskyj fügte hinzu: "Wir verteidigen unseren Staat allein. Die mächtigsten Kräfte der Welt schauen aus der Ferne zu."

Der polnische Oppositionsführer und frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk wurde noch deutlicher. "Diejenigen EU-Regierungen, die harte Entscheidungen blockiert haben, haben Schande über sich selbst gebracht", schrieb Tusk am Freitag auf Twitter. Als Beispiele nannte er Deutschland, Ungarn und Italien. Die derzeitigen Strafmaßnahmen sind nach Ansicht von Tusk wirkungslos. "In diesem Krieg ist alles real: Putins Wahnsinn und Grausamkeit, ukrainische Opfer, die auf Kiew fallenden Bomben", kommentierte er. Die Sanktionen würden allerdings nur vorgetäuscht.

Die Bundesregierung verteidigte ihre Zurückhaltung. "Eine Aussetzung von Swift wäre technisch aufwendig vorzubereiten, hätte auch massive Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr in Deutschland und für deutsche Unternehmen im Geschäft mit Russland", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Deutschland sei beim EU-Gipfel in der Nacht zu Freitag mit seinen Bedenken auch nicht alleine gewesen. "Ich habe wahrgenommen, dass unter anderem Frankreich und Italien auch Einwände erhoben haben."

Auch Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die deutsche Haltung. "In diesen Momenten muss man trotz allem, was einem gerade durch den ganzen Körper, durchs Herz geht, einen kühlen Kopf bewahren." Nun sei es wichtig, Sanktionen auf den Weg zu bringen, "die gezielt auf das Machtsystem wirken und die nicht nur groß klingen".

Mit Putin und Lawrow würden nun auch jene mit klaren Sanktionen belegt, "die für diese Furchtbarkeit an den Menschen in der Ukraine" verantwortlich seien. Putin und Lawrow seien verantwortlich dafür, dass das internationale System mit Füßen getreten werde. "Und das nehmen wir als Europäerinnen und Europäer nicht hin", sagte Baerbock.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte das Sanktionspaket als Zeichen der Einheit der EU. "Unsere Einigkeit ist unsere Stärke", sagte sie. Der russische Präsident Wladimir Putin versuche die Landkarte Europas neu zu zeichnen. "Er muss und er wird scheitern."

Bei den beschlossenen Sanktionen gegen den Finanzsektor geht es vor allem darum, Banken von den EU-Finanzmärkten abzuschneiden. Sie sollen sich in der EU künftig kein Geld mehr ausleihen und auch kein Geld mehr verleihen können. Zudem soll die Refinanzierung von russischen Staatsunternehmen in der EU verhindert werden. Ähnliches ist für den Energiesektor geplant.

Bei den Sanktionen gegen den Transportsektor geht es vor allem darum, die russische Luftverkehrsbranche und Eisenbahn von der Versorgung mit Ersatzteilen und anderer Technik abzuschneiden. Damit könne man mit relativ kleinem Aufwand riesige Wirkung erzielen und sogar ganze Flugzeugflotten stilllegen, hieß es am Donnerstag in Brüssel. Die Exportkontrollen für Hightech-Produkte und Software sollen es auch anderen russischen Schlüsselindustrien schwer machen, sich weiterzuentwickeln. Dabei könne das Land mittel- und langfristig schwer getroffen werden, hieß es in Brüssel.

Zudem sind Einschränkungen bei der Visavergabe vorgesehen, die sich gegen Russen richten, die bislang privilegierte Einreisemöglichkeiten in die EU hatten. Dazu zählen neben Diplomaten beispielsweise auch Geschäftsleute./mfi/aha/bk/wim/DP/ngu

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