03.08.2014 17:32:47

ROUNDUP: Abbau der Kalten Progression - Der Druck auf Merkel wächst

BERLIN (dpa-AFX) - In Bund und Ländern wächst der Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die Kalte Progression noch in dieser Legislaturperiode abzubauen. Anders als Merkel sieht auch Vizekanzler Sigmar Gabriel Spielraum für Entlastungen. "Wir haben beispielsweise eine riesige Anzahl von Minderausgaben und Mehreinnahmen durch den Mindestlohn, weil Menschen mehr Sozialabgaben zahlen", sagte der SPD-Chef im ZDF-Sommerinterview. "Ich bin ganz sicher, dass wir in dieser Legislaturperiode auch zu einem Ergebnis kommen würden."

Die SPD bot der Union bereits Gespräche darüber an. Merkel hat bislang betont, dass es dafür derzeit keinen finanziellen Spielraum gebe. Doch auch in der CDU wächst die Zahl der Befürworter einer solchen Steuerentlastung für mittlere Einkommen.

Als Kalte Progression wird der Effekt bezeichnet, dass Lohnerhöhungen durch den automatischen Anstieg des Steuertarifs aufgefressen werden können - und Arbeitnehmer je nach Inflationshöhe unterm Strich real nicht mehr Geld oder sogar weniger haben. Zuletzt hatte neben dem Wirtschafts- auch der Arbeitnehmerflügel der Union gefordert, das Thema neu aufzugreifen.

Laut "Spiegel" haben inzwischen auch mehrere Unions-geführte Länder den Vorstoß der Mittelstandsvereinigung von CDU und CSU begrüßt, die dazu auf dem CDU-Parteitag im Dezember einen Antrag einbringen will. Allerdings wollen sie wie auch SPD- und Grünen-geführte Länder vor dem Hintergrund der Schuldenbremse Einnahmeausfälle durch eine Reform unbedingt vermeiden.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, eine Reform dürfe nicht zu Mindereinnahmen für die Länder führen und nicht über neue Schulden finanziert werden. Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) sagte der dpa: "Ich kann mir gut vorstellen, die Kalte Progression bei der Einkommensteuer abzuschaffen - nur nicht zulasten neuer Schulden im Haushalt."

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner erklärte im "Spiegel": "Die Kalte Progression ist eine Steuererhöhung durch die Hintertür, und die sollten wir verhindern." Sie lehnte es dabei ausdrücklich ab, dass der Bund die Länder für den Wegfall von Einnahmen entschädigt.

In der vergangenen Legislaturperiode war ein Vorstoß von Schwarz-Gelb am rot-grünen Widerstand im Bundesrats gescheitert. Nun unterstützten die SPD-Finanzminister von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, Peter-Jürgen Schneider, Norbert Walter-Borjans und Nils Schmid, in der "Rheinischen Post" (Samstag) einen Abbau der Kalten Progression - aber auch nur unter der Bedingung, dass sie nicht dafür aufkommen müssen.

Wie eine Abschaffung gegenfinanziert werden kann, ist strittig. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs, schlug in der "Bild"-Zeitung (Montag) zur Finanzierung einen Mix aus Subventionsabbau, stärkerer Bekämpfung von Steuerflucht und dem Stopfen von Steuerschlupflöchern vor.

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel sagte dem "Focus", allein durch Steuersparmodelle von Unternehmen verliere die Bundesrepublik jedes Jahr 25 Milliarden Euro. Der linke SPD-Flügel will zur Entlastung mittlerer Einkommen höhere stärker belasten.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber lehnte Steuererhöhungen zur Finanzierung von Entlastungen erneut strikt ab. "Wichtigstes Ziel ist es, einen Haushalt ohne neue Schulden zu schaffen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Montag). Zudem gebe es eine ganze Reihe von Vorhaben, auf die sich die Koalition verständigt habe: "Neun Milliarden mehr für Bildung, fünf Milliarden mehr für die Infrastruktur."

Nach einem Konzept des CDU-Bundesvorstandsmitglieds Christian Baldauf soll die Kalte Progression in zwei Schritten 2016 und 2018 abgebaut werden. Ziel müsse dann ein "Tarif auf Rädern" sein, wonach die Steuerkurve jährlich um die Inflation angehoben werde, erläuterte Baldauf der "Bild"-Zeitung (Samstag)./rm/DP/stk

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!