26.03.2023 18:11:38
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Roundup 2: Westen reagiert gelassen auf Plan Moskaus für Atomwaffen in Belarus
(neu: Hintergrund, Polen, Litauen)
MOSKAU/BRÜSSEL/KIEW (dpa-AFX) - Der Westen hat betont gelassen auf die Ankündigung von Russlands Präsident Wladimir Putin reagiert, im Nachbarland Belarus taktische Atomwaffen zu stationieren. Die Nato erklärte am Sonntag in Brüssel, daraus ergebe sich mit Blick auf die eigenen Atomwaffen kein Handlungsbedarf. Die Bundesregierung warf Putin einen neuen Versuch der "nuklearen Einschüchterung" vor. Die Ukraine, gegen die Russland seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg führt, forderte eine sofortige Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York.
Putin hatte am Samstagabend im Staatsfernsehen angekündigt, in Belarus (ehemals: Weißrussland) taktische Atomwaffen zu stationieren. Die ehemalige Sowjetrepublik mit Dauer-Machthaber Alexander Lukaschenko an der Spitze gilt als Russlands engster Verbündeter, auch im Krieg gegen die Ukraine. Taktische Atomwaffen haben eine geringere Reichweite als Interkontinentalraketen, aber auch noch mehrere Hundert Kilometer. Die Schächte für mit atomaren Sprengköpfen bestückbare Iskander-Raketen sollen am 1. Juli fertig sein.
Kremlchef rechtfertigt Pläne mit US-Atomwaffen in Europa
Putin verwies zur Rechtfertigung darauf, dass auch die USA Atomwaffen bei ihren europäischen Verbündeten lagerten. "Wir machen nur das, was sie schon seit Jahrzehnten machen", sagte der Kremlchef. Die USA haben auch in Deutschland Atomwaffen stationiert, in Rheinland-Pfalz. Zu Zeiten des Kalten Kriegs standen sowohl auf dem Gebiet von Belarus als auch der Ukraine sowjetische Atomwaffen bereit. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der erlangten Unabhängigkeit verzichteten beide Länder darauf.
Nato will Lage genau beobachten
Eine Sprecherin der Nato erklärte nach Putins Auftritt, das westliche Verteidigungsbündnis werde die Situation genau beobachten. Im Auswärtigen Amt in Berlin war von einem "weiteren Versuch der nuklearen Einschüchterung" die Rede. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Nato sei auf die Ankündigungen "längst eingestellt". Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), sagte der Funke-Mediengruppe: "Nukleare Drohungen gehören seit Beginn des russischen Angriffskriegs zum Repertoire des Kreml."
Ukraine sieht Atomwaffensperrvertrag verletzt
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak vertrat die Auffassung, Putin gebe mit der Ankündigung seine Angst zu, den Krieg zu verlieren. "Putin ist so berechenbar." Zudem verletze er den Atomwaffensperrvertrag. Damit bezog sich Podoljak vermutlich auf dessen Artikel 1. Darin verpflichteten sich die Atommächte, solche Waffen "an niemanden unmittelbar oder mittelbar weiterzugeben".
Ausbildung in Belarus soll nächsten Monat beginnen
Die Ausbildung an den taktischen Atomwaffen in Belarus soll nach Putins Worten im nächsten Monat beginnen. Die Depots für die Atomraketen sollen dann im Juli fertig sein. Lukaschenko, der von Putin abhängig ist, hatte schon vor dem Krieg die Stationierung solcher Waffen gefordert. Im Westen wird der schon mehr als ein Vierteljahrhundert regierende Machthaber oft als "letzter Diktator Europas" bezeichnet.
Anti-Atomwaffen-Kampagne sieht "gefährliche Eskalation"
Das polnische Außenministerium erklärte am Sonntag: "Wir verurteilen diese Verstärkung der Bedrohung des Friedens in Europa und der Welt." Litauens Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas schrieb, es brauche keine besondere Reaktion auf die russischen Pläne. Sowohl Polen als auch Litauen grenzen an Belarus. Aus Sicht der Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) könnte die Stationierung jedoch zu einer Katastrophe führen. Dies sei eine "extrem gefährliche Eskalation", warnte die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Organisation.
Putin will 1600 Panzer bauen lassen
Putin kündigte auch an, angesichts der westlichen Panzerlieferungen für die Ukraine die eigene Panzerproduktion auszubauen. "Die Gesamtzahl der Panzer der russischen Armee wird die der ukrainischen um das Dreifache übertreffen, sogar um mehr als das Dreifache." Während die Ukraine aus dem Westen 420 bis 440 Panzer bekomme, werde Russland 1600 neue Panzer bauen oder vorhandene Panzer modernisieren. Ex-Präsident Dmitri Medwedew hatte zuvor schon die Produktion von 1500 Panzern angekündigt.
Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) zweifelt jedoch, dass dies möglich ist. Demnach kann Russlands einzige Panzerfabrik Uralwagonsawod (UVZ) monatlich nur 20 Panzer produzieren, verliere aber im Krieg in der Ukraine täglich ein Vielfaches davon.
Neue Drohnen aus dem Iran für Moskau
Russland hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste neue Drohnen aus dem Iran erhalten. Nach zweiwöchiger Pause habe Russland im Krieg gegen die Ukraine seit März mindestens 71 iranische "Kamikaze-Drohnen" vom Typ Shahed eingesetzt. Das deute darauf hin, dass Russland nun regelmäßig Lieferungen "einer kleinen Anzahl" von Shahed-Drohnen erhalte. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Kriegsbeginn unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Berichte zum Kriegsverlauf.
Selenskyj dämpft Erwartungen an Gegenoffensive
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete eine "vollständige Niederlage Russlands" im Krieg als beste "Garantie gegen neue Aggressionen und Krisen". In einem Interview, dass in der japanischen Tageszeitung "Yomiuri Shimbun" erschien, dämpfte Selenskyj indes die Erwartungen an eine baldige Gegenoffensive. Diese könne noch nicht beginnen, weil Kiew dafür nicht genügend Waffen und Munition habe. Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe vor allem auf die Städte Bachmut, Awdijiwka und Wuhledar im Osten der Ukraine./awe/hei/red/mau/bal/el/bvi/cha/toz/mi/DP/he
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