14.06.2016 17:20:45
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Politiker und Versicherer besorgt über Negativrendite
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Politiker und die Versicherungsbranche haben mit Sorge auf den Renditerückgang der zehnjährigen deutschen Benchmark-Anleihe unter 0 Prozent reagiert. Während der Branchenverband der Versicherungen in den stark gefallenen Renditen eines der größten Stabilitätsrisiken sieht, verwiesen Parteienvertreter auf negative Folgen für Anleger und Sparer und kritisieren die dahinter stehende Geldpolitik.
Für Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus (CDU) ist "die Tatsache, dass nun auch erstmals zehnjährige Bundesanleihen negative Renditen aufweisen, kein Grund für Euphorie." Vielmehr sei dies "eine ungünstige Entwicklung - insbesondere für Anleger und Sparer".
Gerade Kleinanlegern sei schwer zu vermitteln, dass sich Sparen lohnt, wenn sie infolge negativer Renditen draufzahlten. Auch das Argument, der Staat könne jetzt günstig Schulden machen, greife zu kurz. "Schließlich verursachen neue Schulden nicht nur Zinsen, sondern müssen letztendlich auch zurückgezahlt werden."
Auch der Grünen-Finanzsprecher Gerhard Schick sah in der Entwicklung einen "Grund zur Sorge, auch wenn es für den Bundeshaushalt erstmal gut ist, keine Zinsen auf die Bundesschuld zahlen zu müssen". Negativzinsen zeigten, dass die Kapitalmärkte nicht mehr funktionieren. Schick forderte die Regierung auf, für investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu sorgen und die Investitionen zu steigern.
Versicherer sehen trauriges Kapitel am Anleihemarkt FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing kritisierte die Euro-Finanzminister, weil sie nicht in der Lage seien, die Krise politisch anzugehen. "Die Nullverzinsung auf zehnjährige Bundesanleihen mag den Bundesfinanzminister freuen, für die Bürgerinnen und Bürger ist es keine gute Nachricht", sagte Wissing. Die Handlungsunfähigkeit der Finanzminister zwinge die Europäische Zentralbank (EZB) dazu, "die Krise mit der Notenpresse zu lösen".
Auch die deutsche Versicherungsbranche hat sich besorgt über die Negativrendite gezeigt. "Der Rückgang der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen unter die Nulllinie markiert ein neues trauriges Kapitel in einem von der Geldpolitik verzerrten europäischen Anleihemarkt," erklärte Klaus Wiener, der Chefvolkswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Mittlerweile seien die stark gefallenen Renditen eines der größten Stabilitätsrisiken, denn mit einer früher oder später zu erwartenden Normalisierung des Zinsniveaus drohten "massive Belastungen für die Konjunktur und die Finanzmärkte", warnte Wiener.
An der Börse fragt man sich nun, wann auch die Renditen der 15- und 20-jährigen Bundesanleihen ins Minus geraten werden. Hintergrund ist der fortgesetzte Ankauf von Anleihen durch die EZB, welcher das Angebot zunehmend knapper werden lässt.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/smh
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June 14, 2016 10:47 ET (14:47 GMT)
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