16.06.2015 21:02:39

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Westfalen-Blatt: zum EZB-Urteil

Bielefeld (ots) - Die Architektur der Euro-Retter hält. Mehr noch:

Sie ist besser als ihr Ruf. Das Urteil aus Luxemburg über die

zunächst geplante Einkaufstour der Europäischen Zentralbank bei den

Staatsanleihen wird die Zweifler und Kritiker trotzdem nicht zum

Schweigen bringen. Zu sehr riecht das, was EZB-Präsident Mario Draghi

als Euro-Stabilitätspolitik darstellt, eben doch nach verdeckter

Staatsfinanzierung - und damit nach einer Aushöhlung all der hehren

finanzpolitischen Versprechen, auf denen die Währungsunion fußt.

Natürlich bleibt es erfreulich, dass das jetzt untersuchte

Ankaufsprogramm gar nicht genutzt werden musste, um den Spekulanten

gegen den Euro das Handwerk zu legen. Aber allein der Eindruck, die

Europäische Zentralbank werfe die Notenpresse an, um die Union mit

frischem Kapital zu fluten, verunsichert, weil Politik nicht mehr

alleine Sache der Regierungen ist, sondern auch der Banker. Dabei

haben die Mütter und Väter der Rettungsschirme nach anfänglichen

Fehlern durchaus ein Vertragswerk gestrickt, das einerseits sehr viel

robuster und belastbarer ausfiel als oft vermutet. Zugleich nahm und

nimmt es aber auch Rücksicht auf verfassungsrechtliche Gegebenheiten

- ein Satz, den man sich trauen darf, so festzustellen, auch wenn das

endgültige Urteil aus Karlsruhe noch aussteht. Dennoch bleiben große

Risiken. Wenn die EZB eine Art Backup-Politik zu machen versucht,

indem sie die Fehler von Regierungen durch Geldpolitik auszugleichen

sucht, wird das fragile Gefüge der Währungsunion aus dem

Gleichgewicht gebracht. Sicherlich haben die meisten Länder, die in

der Schuldenkrise unter den Rettungsschirm geflüchtet sind, ihre

Chance genutzt und stehen längst wieder auf eigenen Füßen. Der Fall

Griechenland aber zeigt, dass der Ruf nach Helfern, denen jedes

Mittel Recht ist, nicht zu politischen Reformen, sondern zu

wahltaktischem Opportunismus führt. Doch die Spieltheoretiker in

Athen, die ganz offensichtlich darauf setzen, dass die Euro-Partner

in letzter Minute einknicken und auch ohne Reformen Geld locker

machen, sollten umdenken. Die EZB macht den Grexit einfacher, weil

sie etwaige Konsequenzen abfedern könnte - jetzt sogar mit

höchstrichterlichem Segen. Aber genau diese Rolle der EZB ist es, die

Anlass zur Sorge gibt. Wenn dieses Geldhaus, dessen Grundprinzipien

politische Unabhängigkeit und währungspolitische Stabilität sind und

sein müssen, zu einer Art Rückversicherung der Staaten wird, läuft

etwas schief. Es widerspricht der Autonomie der EZB, für die Politik

am Ende liegengebliebene Rechnungen zu begleichen oder riskante

politische Abenteuer zu finanzieren. Der schmale Grat zwischen Geld-

und Wirtschaftspolitik darf nicht verlassen werden, weil die

Institution ansonsten zur Marionette der Regierungen wird.

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Pressekontakt:

Westfalen-Blatt

Chef vom Dienst Nachrichten

Andreas Kolesch

Telefon: 0521 - 585261

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