05.11.2014 22:01:46
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OTS: NDR Norddeutscher Rundfunk / Luxemburg Leaks: fragwürdige ...
Luxemburg Leaks: fragwürdige Steuerpraktiken enthüllt - Finanzbehörden
des Großherzogtums genehmigten hundertfach fragwürdige
Steuerspar-Konstruktionen
Hamburg (ots) - Deutsche und internationale Konzerne vermeiden mit
Unterstützung der Luxemburger Regierung Steuerzahlungen in
Milliardenhöhe. Das zeigt die Auswertung von 28.000 Seiten geheimer
Dokumente. Das Datenleck belegt, dass die Luxemburger Behörden zum
Teil äußerst komplizierte Finanzstrukturen genehmigten, die das
Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) im Auftrag der
Firmen entwickelt hatte. Manche Unternehmen haben aufgrund dieser
Steuergestaltungen auf Gewinne teilweise weniger als ein Prozent
Steuern gezahlt.
Monatelang hat das Internationale Konsortium investigativer
Journalisten (ICIJ) in Washington gemeinsam mit Kooperationspartnern
auf der ganzen Welt zu den Daten recherchiert. In Deutschland waren
der NDR, der WDR und die Süddeutsche Zeitung an den Recherchen
beteiligt, weltweit mehr als 80 Reporter unter anderem vom britischen
Guardian, von Le Monde aus Paris, dem Schweizer Tages-Anzeiger und
von Dutzenden weiterer Medien.
Die bisher geheimen Dokumente zeigen, wie zahlreiche
multinationale Firmen, darunter Pepsi, FedEx und Procter & Gamble,
vom System Luxemburg profitiert haben. Zudem finden sich neue
Unterlagen zu Amazon und IKEA in dem Datensatz. Beide Unternehmen
waren durch ihre Steuergestaltungen bereits öffentlich in die Kritik
geraten. In dem Datensatz finden sich auch drei deutsche
DAX-Konzerne: die Deutsche Bank, der Energieversorger E.ON und der
Gesundheitskonzern Fresenius Medical Care.
Den Dokumenten zufolge hat der Energieversorger E.ON über eine
Niederlassung in Luxemburg firmeninterne Kredite vergeben. Experten
gehen davon aus, dass der Konzern auf diese Weise die Steuerlast in
Großbritannien, in Schweden und in den USA verringert hat. Das
Unternehmen erklärt auf Nachfrage, sich an die Steuergesetze aller
Länder zu halten. Auch der Gesundheitskonzern Fresenius Medical Care
hat über eine Luxemburger Tochter firmeninterne Kredite vergeben.
Nach eigenen Angaben sparte das Unternehmen somit legal Steuern in
Höhe von fast einer Million Euro im Jahr.
Die Deutsche Bank hat in Luxemburg, Malta, auf den Cayman Islands
und im US-Bundesstaat Delaware Fondgesellschaften gegründet. Diese
Fonds wurden so konstruiert, dass bei Immobilienprojekten in mehreren
europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, kaum Steuern
anfielen. Die Deutsche Bank erklärt auf Nachfrage von NDR, WDR und
SZ, dass es sich bei den Fondsstrukturen nicht um Steuersparmodelle
handele.
Auch Pensionskassen deutscher Ärzte investieren Geld über
Luxemburg im Ausland. Die Versorgungswerke sind Anstalten des
öffentlichen Rechts und in Deutschland steuerbefreit. Die
Luxemburg-Konstruktion sollte sicherstellen, dass auch die
Auslandsinvestments steuerfrei sind, teilten die Pensionskassen auf
Anfrage mit.
Steuersparmodelle für Konzerne sind in Luxemburg legal. Allerdings
prüft die Europäische Kommission bereits in zwei Fällen, ob die
Entscheidungen der Luxemburger Behörden nicht gegen europäisches
Wettbewerbsrecht verstoßen, weil den Konzernen unfaire Vorteile
eingeräumt würden.
Die Unterlagen stammen vorwiegend aus den Jahren 2008 bis 2010 und
fallen damit in die Amtszeit des damaligen Premierministers
Jean-Claude Juncker. Der heutige EU-Kommissionspräsident Juncker
kündigte an, sich in die Ermittlungen nicht einzumischen. "Ich werde
in den Fällen keinen Einfluss auf die Geschehnisse nehmen. Ich werde
mein Amt nicht missbrauchen", sagte er dem NDR.
Luxemburgs amtierender Premierminister Xavier Bettel verteidigt
die Steuerpolitik seines Landes. "Was Luxemburg gemacht hat, war
okay", sagte er der SZ. Sein Land sei keine Steueroase. "Ich kann
aber die Steuern nicht erhöhen, nur weil es dann meinen verschuldeten
Nachbarländern besser geht", so der Premierminister.
Die betroffenen Konzerne betonten in Stellungnahmen, dass sie
stets legal gearbeitet hätten. Die Unternehmensberatung PwC teilte
mit, sie handele "in Übereinstimmung mit lokalen, europäischen und
internationalen Steuergesetzen". Sie habe einen Fall von
Datendiebstahl an die relevanten Behörden übergeben.
Bereits 2012 hatte der französische Journalist Edouard Perrin
erstmals über einen kleinen Teil der Dokumente berichtet.
Das ICIJ wird den Datensatz ab sofort auf seiner Internetseite
www.icij.org veröffentlichen.
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