17.02.2022 20:44:38

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Virtù und Fortuna, Kommentar zur Commerzbank von Anna Sleegers

Frankfurt (ots) - Nach der Deutschen Bank ist nun auch die Commerzbank wieder

obenauf. Hier wie da macht es die Mischung interner und externer Faktoren. Als

"Virtù und Fortuna" bezeichnet der Philosoph und frühe Führungskräfte-Coach

Niccolò Machiavelli diese in seinem bekanntesten Werk. Unter "Virtù", das vom

Lexikon unzureichend als "Tugend" ins Deutsche übersetzt wird, versteht der

Renaissance-Denker auch Entschlossenheit, Fleiß, strategische Weitsicht und auch

Tapferkeit.

Eigenschaften also, zu deren Beweis Commerzbank-Chef Manfred Knof und

Finanzchefin Bettina Orlopp bei ihrem Stab zahllose Powerpoint-Folien in Auftrag

gegeben, Investorengespräche geführt und Auftritte vor Journalisten absolviert

haben. Was funktioniert, um einem frisch gebackenen Fürsten im Haifischbecken

der italienischen Kleinstaaterei des 16. Jahrhunderts die Herrschaft zu sichern,

taugt auch, um das Narrativ eines Turnarounds für die Kapitalmärkte zu

entwickeln.

Tatsächlich ist es der Commerzbank in beeindruckendem Tempo gelungen, die

Stimmung zu ihren Gunsten zu drehen. Wer hätte es nach den gescheiterten

Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank, dem polternden Auftritt des

Großinvestors Cerberus und der darauffolgenden Führungskrise für möglich

gehalten, dass das Institut keine zwei Jahre später in der Lage sein würde, ein

glaubwürdiges Szenario für eine eigenständige Zukunft zu entwerfen?

Viel anderes blieb ihr auch nicht übrig. Nachdem die nationale Großbankenfusion

beerdigt war, fand sich auch im europäischen Ausland kein einziger ernsthafter

Interessent. Dafür aber nicht nur ein, sondern gleich zwei pensionierte Banker,

die fest entschlossen waren, die Commerzbank vor dem Untergang zu bewahren. Ohne

den gesundheitsbedingt bald wieder ausgeschiedenen Aufsichtsratschef Hans-Jörg

Vetter und seinen Nachfolger Helmut Gottschalk wäre das Institut vielleicht nur

noch ein trauriges Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Stattdessen

ebneten die beiden durch die harte Schule der Verbundbanken gegangenen Strategen

dem neuen Management den Weg für die Sanierung der Commerzbank.

Den Börsenerfolg, der in einem Kursanstieg von fast 70 % innerhalb von zwölf

Monaten zum Ausdruck kommt, allein auf die Restrukturierung zurückzuführen,

greift jedoch zu kurz. Es brauchte wie immer im Leben auch bei der Commerzbank

Fortuna - das Glück, als Bank des deutschen Mittelstands vor der Zinswende in

der Eurozone mit der richtigen Story am richtigen Ort zu sein.

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