15.07.2022 19:52:38

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Sympathie für Ukraine-Bonds, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Ukraine-Krieg ist zweifelsohne eine riesige Tragödie - so

wie jeder andere Krieg auch. Kaum einer hat sich vorstellen können, dass im Jahr

2022 im zivilisierten, geeinten Europa, das nun seit Jahrzehnten erfolgreich die

Gemeinschaft von Staaten vorlebt und genau diesen Gedanken mit aller Kraft

hochhält, noch einmal ein Angriffskrieg Realität werden könnte. Leider ist es

so. Viel menschliches Leid, viele Verletzte und viele Tote hat er bereits mit

sich gebracht. Viele Menschen haben ihr Zuhause, ihre Heimat verloren, sind auf

der Flucht - ungewiss, wann sie zurückkehren können. Jeder hofft wohl, dass

dieser Krieg besser heute als morgen sein Ende findet. Aber danach sieht es

aktuell nicht aus.

Doch der Tag des Kriegsendes wird kommen, und dann wird es um den Wiederaufbau

der Ukraine gehen. Der wird mit Sicherheit ein Kraftakt, und sein Umfang ist

letzten Endes davon bestimmt, wie lange das sinnlose Bomben noch weitergeht. Um

diesen Kraftakt des Wiederaufbaus zu stemmen, wird die Ukraine viel Kapital von

außen benötigen - so viel steht fest. Dieses Kapital wird von

Förderinstitutionen bereitgestellt werden, Social Bonds und nachhaltige Anleihen

wird es dafür geben. Die Ukraine wird aber auch einen nicht gerade unerheblichen

Teil über die Bondmärkte mit eigenen Emissionen stemmen müssen und sicher auch

wollen.

Die Mobilisierung von Fremdkapital über die Anleihemärkte wurde auch auf der

diesjährigen Tagung der International Capital Market Association (ICMA) in Wien

thematisiert. Experten waren praktisch unisono der Meinung, dass die Ukraine

später für den Wiederaufbau sehr viel Sympathie der Investoren bekundet bekommen

wird, es wird Sympathie-Funding geben sozusagen. Und das dürfte sich in zwei

Aspekten niederschlagen. Erstens in dem Volumen an Kapital, das Investoren dem

Land bereitstellen werden. Ein Käuferstreik für die Bonds des Landes ist wohl

eher nicht zu befürchten. Das bedeutet aller Voraussicht nach sehr hohe

Überzeichnungen der Bondemissionen - wohl erst recht bei Anleihen, deren Erlöse

dann zweckgebunden erfolgen, also Social oder Sustainability Bonds.

Zweitens: Auch wenn niemand heute die Marktbedingungen am Tag X der ersten

Emission der Ukraine nach dem Krieg verlässlich vorhersagen kann, weil ja

selbstredend überhaupt nicht klar ist, in welchem Zustand und

Investorensentiment sich die Märkte dann befinden, dürfte klar sein, dass die

Investoren bei ihrem Sympathie-Funding sicher nicht bei den geforderten

Konditionen überziehen werden. Die Ukraine kann sich auf eine doch recht

attraktive Funding-Situation insgesamt einstellen, so die Einschätzung der

Experten auf der 54. ICMA-Konferenz. Damit ist natürlich kein Wort über Renditen

und Spreads gesagt. Es wäre vermessen, dies heute abschätzen zu wollen.

Funding-Mittel wird die Ukraine aber nicht nur über den Markt, sondern auch über

multilaterale Förderinstitutionen bzw. -banken zur Verfügung gestellt bekommen.

Dazu gehört auch die Europäische Investitionsbank (EIB), die im Großherzogtum

Luxemburg beheimatete Bank der Europäischen Union (EU). "Es steht ja völlig

außer Frage, dass wir als EIB zum Wiederaufbau der Ukraine auch unseren Teil

beitragen werden. Und das wird ein substanzieller Beitrag sein. Wir waren die

Ersten, die innerhalb weniger Tage nach Kriegsbeginn Mittel an die Ukraine

ausgeschüttet haben, und sehen auch beim Wiederaufbau eine wichtige Rolle für

uns", sagt Werner Hoyer, Präsident der EIB, der Börsen-Zeitung.

"Selbstverständlich laufen hierfür in unserem Hause auch schon die

Vorbereitungen. Dabei bauen wir auf die Unterstützung internationaler

Investoren, die uns ihr Interesse signalisiert haben. Unsere Sustainability

Awareness Bonds bieten hierfür ein geeignetes Mittel, und wir arbeiten an den

Bewertungskriterien, die erforderlich sind, um Märkte transparent und

zielgerichtet in dieses Megaprojekt einzubeziehen", führt Hoyer aus.

Derzeit hat die Ukraine Bonds in der Lokalwährung Hrywnja ausstehen und in den

Währungen Euro und Dollar (vgl. Grafik). Die Fälligkeiten der Bonds in den

einzelnen Währungen beginnen in diesem Jahr und reichen bei einem Dollar-Bond

bis zum Jahr 2040. An diesem Gesamtanleiheumfang von knapp 25 Mrd. Dollar bzw.

aufgrund der Parität auch in Euro lässt sich ablesen, dass die Ukraine in den

vergangenen Jahren nicht gerade ein häufiger Emittent an den internationalen

Bondmärkten gewesen ist. Nach dem Ende des Krieges könnte der Seltenheitswert

des Emittenten Ukraine am Bondmarkt aber ein wenig verblassen. Hoffentlich tritt

das bald ein.

Pressekontakt:

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