02.09.2021 20:30:38

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Superbehörde, Kommentar zur Bundesnetzagentur von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots) - Die Bundesnetzagentur droht sich demnächst zu einer mächtigen

"Superbehörde" zu entwickeln, die weitgehend unabhängig von Regierung, Parlament

und Gerichten bedeutende Entscheidungen über die Strom- und Gasnetze und ihre

Betreiber trifft. Das ist die Folge der aktuellen Entscheidung des Europäischen

Gerichtshofs in einem 2014 begonnenen Verfahren der EU-Kommission gegen

Deutschland. Der Vorwurf lautete, Deutschland habe EU-Richtlinien über den

Elektrizitätsmarkt, die den Wettbewerb stärken, und zur Unabhängigkeit der

nationalen Regulierungsbehörde nicht ordnungsgemäß ins deutsche Recht umgesetzt.

Künftig kann die Bundesnetzagentur noch viel unabhängiger entscheiden, wie sie

Netztarife festlegt - und darf nicht mehr so eng wie bisher durch Verordnungen

der Bundesregierung geführt werden, die das Verfahren zur Berechnung der

Netzkosten festlegten. Sollte auch der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung

weiter in die Richtung entwickeln, dass er Entscheidungen der Netzagentur im

Detail nicht mehr überprüft, können die Beschlusskammervorsitzenden der Behörde

fast ohne Restriktionen entscheiden. Sie werden zu Königen im Reich der Netze.

Auf Investoren dürften die nun anstehenden Gesetzesreformen abschreckend wirken.

In der Folge könnte es für Stromverteilnetzbetreiber wie Eon oder

Übertragungsnetzbetreiber wie Amprion, 50Hertz oder Tennet, die im Zuge der

Energiewende hohe Milliardensummen in den Ausbau der Netze stecken müssen,

schwieriger werden, Investoren für die anstehenden Kapitalerhöhungen zu

gewinnen. Die Erträge der 880 Netzbetreiber in Deutschland hängen davon ab,

welche Verzinsung ihre Investitionen und welche Netzentgelte für die

Durchleitung ihnen die Netzagentur gewährt. Dabei müsste das Regulierungssystem

eigentlich dem Ziel verpflichtet sein, die für die Energiewende notwendigen

Investitionen in die Netze anzureizen.

Die Entscheidung ist in ihrer Tragweite für den Stromnetzsektor kaum zu

überschätzen. Der gesamte Ordnungsrahmen muss überarbeitet werden. Es wird der

Bundesregierung die Möglichkeit genommen, die Berechnungsmethode der

Netzentgelte durch Rechtsverordnungen zu regulieren. Auch für die Netzagentur

selbst ist das nicht erfreulich, weil es erhebliche Unsicherheit verursacht.

Entscheidungen werden voraussichtlich öfter als bisher angefochten. Zudem wird

das Parlament in einer solch wichtigen Frage wie der Energiepolitik zum Teil

entmachtet - weg von der Oberhoheit und hin zu einer bloßen Beeinflussung.

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