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02.01.2023 20:12:38

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Stummer Warnschrei, Kommentar zum Geldvermögen von Jan Schrader

Frankfurt (ots) - Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 713 Mrd. Euro oder

knapp 8 500 Euro pro Nase gingen den deutschen Bürgern im gerade abgelaufenen

Jahr real betrachtet verloren, wenn der Stand der Geldvermögen von Ende 2021 und

eine Inflationsrate von 10 % unterstellt werden. Selbst wenn der mutmaßliche

Zuwachs der Vermögen im vergangenen Jahr gegengerechnet wird, blieb für die

Masse der Menschen noch immer ein deutliches Minus. Die DZ Bank prognostiziert

einen nominalen Wertzuwachs von 1,9 % für das abgeschlossene Gesamtjahr, was

real immer noch einem Minus von 7,4 % entspräche. Die Bürger zahlen einen hohen

Preis.

Weil die meisten Menschen nur eine ungefähre Vorstellung von realen

Veränderungsraten haben, nehmen viele den massiven Verlust in der Geldanlage

nicht wahr. Inflationsbereinigte Werte sind ein stummer Warnschrei, der nur von

wenigen Menschen gehört wird - ein Missstand. Noch vor einem Jahr war die

Situation grundsätzlich anders: Die zeitweiligen "Verwahrentgelte" der Banken

waren für alle sichtbar und haben Kunden daher in höher rentierliche Geldanlagen

gelotst, was für viele Leute vermutlich eine sinnvolle Entscheidung war. Die

Wertverluste von Inflation zeigen sich hingegen nicht schwarz auf weiß. Die

Gefahr ist groß, dass viele Sparerinnen und Sparer in Lethargie verfallen und

die hohen Wertverluste nicht sehen. Real betrachtet kostet es heute weitaus

mehr, das Geld auf dem Bankkonto zu belassen, als das noch vor Kurzem der Fall

war. Reale Verluste lassen sich leider nur rechnerisch, nicht aber intuitiv

erfassen.

Der Weckruf ist aber auch für die Notenbanken bestimmt: Sie stehen in der

Verantwortung, die Inflation zu dämpfen. Gerade die EZB hat über viele Jahre

eine ultraexpansive Geldpolitik verfolgt, von der nicht zuletzt hoch

verschuldete Euro-Länder profitiert haben. Ob es tatsächlich gelingt, das

Vertrauen in die Geldwertstabilität zu verteidigen, muss sich noch zeigen.

In der Vergangenheit wirkte die Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik ähnlich

wie eine Steuer, die Erträge von Vermögen abschöpft, während Staaten finanziell

profitierten, weil sie sich billiger verschulden konnten. Eine auf Dauer hohe

Inflation würde eine ähnliche Wirkung entfalten, denn auch sie nagt am Vermögen,

während der Schuldenberg der öffentlichen Haushalte fällt. Natürlich ist es

legitim, Vermögende zu belasten. Das aber darf nicht Aufgabe unabhängiger

Zentralbanken sein, sondern von gewählten Politikern. Die hohe Last der

Inflation erinnert erneut daran, wie wichtig eine klare Aufgabenteilung zwischen

Notenbanken und Regierungen ist, so wie es im Euroraum dem Wort nach auch

vorgesehen ist. Die stark gestiegenen Energiepreise sind nicht die Schuld der

EZB, doch wie sehr sich die Inflation verfestigt, hängt wesentlich von der

Geldpolitik ab.

Immerhin stimmt die aktuelle Schätzung zu den Geldvermögen hoffnungsfroh:

Zumindest nominal haben die Bundesbürger erneut Vermögen aufgebaut, der reale

Wertverlust hätte leicht auch höher ausfallen können. Das Vermögen der

Bundesbürger ist im Laufe der Jahre kontinuierlich gewachsen, auch nach Abzug

der Inflation ergibt sich auf lange Sicht ein deutliches Plus. Deutschland ist

immer noch ein wohlhabendes Land. Hoffentlich bleibt es dabei.

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