06.12.2022 19:34:38
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Schöne Bescherung, Kommentar zum Subventionsstreit von Stefan Reccius
Frankfurt (ots) - Der Ton im transatlantischen Verhältnis wird wieder rauer.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Joe Bidens Prestigeprojekt, das
sogenannte Inflationsbekämpfungsgesetz, einen "Jobkiller" für Europa genannt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wirft den USA mehr oder minder offen
vor, Handelsrecht zu brechen. Und nun stellt der für Handel zuständige
EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis den Amerikanern ein Ultimatum: Bis
Jahresende wollen wir Zugeständnisse sehen, sonst - ja, was eigentlich?
Die Europäer stecken in der Klemme. Sie haben in Washington ein legitimes
Anliegen vorgetragen: Hiesige Firmen sollen in den USA keine
Wettbewerbsnachteile haben, nur weil sie anderswo produzieren oder Teile
beziehen. Das wird nämlich passieren, wenn zum Jahreswechsel der Inflation
Reduction Act in Kraft tritt und Amerikaner beispielsweise mit Tausenden Dollar
Steuergutschriften belohnt werden, wenn sie Elektroautos aus amerikanischer
Produktion kaufen. Nur bleibt den Europäern kaum mehr übrig, als in den USA auf
Einsicht zu hoffen, wollen sie nicht wahlweise einen neuen Handelskonflikt oder
einen Subventionswettlauf riskieren.
Der Handels- und Technologierat ist grundsätzlich ein gutes Format, um solch
heikle Themen zu besprechen. Die US-Regierung unter Biden und die EU-Kommission
haben ihn vor anderthalb Jahren eingerichtet als eine Art Paartherapie, um nach
den verhängnisvollen Donald-Trump-Jahren wieder zueinander zu finden. Der Start
war verheißungsvoll. Doch nun drohen sich die Partner im Klein-Klein zu
verheddern, während sich die nächste große Beziehungskrise zusammenbraut.
Es wäre falsch zu behaupten, dass sich gar nichts tut. Fortschritte gibt es
beispielsweise bei der gegenseitigen Anerkennung von Konformitätszertifikaten
-ein Thema, das zwar genauso sperrig sein dürfte, wie der Begriff suggeriert,
das Industrien wie Maschinenbauern aber ein Herzensanliegen ist. Doch
ausgerechnet beim überwölbenden Thema Subventionen scheinen die Gespräche
festgefahren.
EU-Handelskommissar Dombrovskis klingt jedenfalls bockig. Er hat den Amerikanern
kaum mehr abgerungen als die wachsweiche Formulierung, man erkenne die Bedenken
der EU an. Tatsächlich gibt es keinen einfachen Ausweg. Die Amerikaner könnten
den Europäern Ausnahmen zugestehen. Aber damit würde die EU sich auf einen
faulen Kompromiss einlassen - und gar zum Komplizen beim Bruch von WTO-Recht
werden. Denn der augenscheinliche Verstoß gegen Regeln der
Welthandelsorganisation (WTO) wäre mit so einem Deal nicht vom Tisch. Die EU, so
eine Befürchtung in der deutschen Wirtschaft, könnte dadurch Probleme mit
anderen Handelspartnern bekommen. Schöne Bescherung!
Aufhorchen lässt auch, dass die Amerikaner offenbar in einer weiteren delikaten
Angelegenheit an die Europäer herangetreten sind: Sie wollen mit neuen Stahl-
und Aluminiumzöllen gemeinsame Sache gegen China machen, berichtet die
Nachrichtenagentur Bloomberg. Getreu dem Motto: Nichts schweißt enger zusammen
als ein gemeinsamer Feind. Auch so ein Vorhaben wäre WTO-rechtlich heikel. Die
Europäer, so der Eindruck, werden vom Partner USA derzeit vor reichlich
unbequeme Entscheidungen gestellt.
(Börsen-Zeitung, 7.12.2022)
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