16.05.2022 19:50:38
|
OTS: Börsen-Zeitung / Schön auf die BaFin hören / Kommentar zur Qualität der ...
Schön auf die BaFin hören / Kommentar zur Qualität der Neobroker von
Björn Godenrath
Frankfurt (ots) - Kein anderer europäischer Markt hat so viele Handelsplätze wie
Deutschland mit seiner gewachsenen Struktur von Regionalbörsen, die sich
traditionell dem Retail-Publikum verpflichtet fühlen. Und seitdem die Neobroker
dem Privatanleger den Weg an die Börse geebnet haben, erfreuen sich die an den
Regionalbörsen andockenden Marktmacher über die an sie gerouteten Orders, für
die sie dem Broker eine Rückvergütung bezahlen, das sogenannte Payment For
Orderflow (PFOF).
Dass sich dabei Interessenskonflikte ergeben können, liegt auf der Hand, denn
auf Seiten des Brokers kann die Versuchung bestehen, mehr Rückvergütung zu
vereinnahmen auf Kosten der Ausführungsqualität beim Kunden. Das rief zunächst
die ESMA auf den Plan, die im Juli 2021 trocken feststellte, dass eine
Kompatibilität mit Mifid II "in den meisten Fällen unwahrscheinlich" sei. Dann
machte EU-Kommissarin Mairead McGuinness öffentlich, dass ein Verbot von PFOF
geplant sei, was zu einem Sturm der Entrüstung führte, würde damit doch das
gerade erst entfachte Interesse am Aktienmarkt gebremst.
McGuinness ruderte schnell zurück, eine zunächst für Januar geplante Anhörung im
Europaparlament fand bis heute nicht statt und das Bundesfinanzministerium
hinterlegte in Brüssel, dass ein Verbot mit Deutschland nicht zu machen sei.
Aus dieser Gemengelage heraus hat sich nun die BaFin zu Wort gemeldet und trägt
mit granularen Daten einer eigenen Studie zu einer belastbaren Diskussion bei:
Für kleinere Volumina ist PFOF überwiegend vorteilhaft, bei höheren Volumen und
gleichzeitig niedrigerer Liquidität an den Referenzmärkten gehen diese Vorteile
verloren. Die Qualität der Ausführung ist also nicht so übel, vor allem für
Anleger mit kleinem Geldbeutel.
Das ist eine wichtige Erkenntnis für das weitere Verfahren.
BaFin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch regt deshalb an, über "weniger
restriktive regulatorische Maßnahmen" nachzudenken. Sollte "ein übereiltes
Verbot" nur den Handel für Privatkunden verteuern und sonst nichts bewirken,
müsste es allein aus Verbraucherschutzgründen ausgeschlossen werden. Das ist
Klartext und richtet sich auch an die Adresse der für ein PFOF-Verbot
lobbyierenden Euronext, der es zunächst gelungen war, ESMA und Kommission
einzuwickeln.
Es ist gut, dass die BaFin mit Daten für mehr Klarheit gesorgt hat. Payment For
Orderflow kann einen Nutzen für private Anleger haben. Wo es nicht passt, müssen
Broker und Marktmacher für Verbesserungen bei der Ausführungsqualität sorgen.
(Börsen-Zeitung, 17.05.2022)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5223900
OTS: Börsen-Zeitung
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!