19.08.2020 20:26:38
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OTS: Börsen-Zeitung / Richtige Balance, Kommentar zu Belarus von Andreas Heitker
Richtige Balance, Kommentar zu Belarus von Andreas Heitker
Frankfurt (ots) - Die EU macht in ihrer Belarus-Politik gerade sehr vieles
richtig. Schon die kurzfristige Einberufung eines Sondergipfels und damit die
Einstufung der Situation im Nachbarland zur Chefsache war ein wichtiges Zeichen
gewesen. Dem folgten am Mittwoch weitere: die Nichtanerkennung der grob
gefälschten Präsidentschaftswahl, die Sanktionierung der Fälscher sowie der
Verantwortlichen für die brutalen Übergriffe auf Demonstranten, die Betonung des
Selbstbestimmungsrechts des belarussischen Volks bei gleichzeitiger klarer
Unterstützung der friedlichen demokratischen Revolution, die sich gerade auf den
Straßen von Minsk, Brest, Grodno und all den anderen Städten abspielt. Die
Staats- und Regierungschefs haben die richtige Balance gefunden zwischen einem
glaubwürdigen Eintreten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa, einer
klaren Solidaritätsbekundung für die Protestbewegung und einem Signal der
Nichteinmischung, das in Richtung Moskau zielt.
Es ist klar, dass der Einfluss der EU auf Belarus begrenzt ist. Wie der
Machtkampf ausgehen wird, hängt weniger von Brüssel als vielmehr vom Verhalten
der belarussischen Sicherheitskräfte und natürlich von Moskau ab. Von daher war
es gut, dass das Telefon des russischen Präsidenten Wladimir Putin in den
vorigen Tagen nicht still stand. Nicht nur sein belarussischer Amtskollege
Alexander Lukaschenko, sondern auch Angela Merkel, Emmanuel Macron und
EU-Ratspräsident Charles Michel hatten schon vor dem Gipfel frühzeitig das
Gespräch gesucht.
Offensichtlich hat die EU auch aus den Maidan-Protesten 2013/14 gelernt - auch
wenn Belarus nicht die Ukraine ist. Es ging in Minsk nie darum, das Land
irgendwie aus dem russischen Einflussbereich zu lösen oder um eine Entscheidung
über eine stärkere Westorientierung. Dies ist kein geopolitischer Konflikt, wie
auch Michel noch einmal betont hat. Es geht vielmehr ganz schlicht um einen
Herrscher, der sich mit Gewalt versucht an der Macht zu halten und alle
demokratischen Rechte mit Füßen tritt. Sollte auch Putin verstehen, dass die
Proteste nicht gegen ihn und Russland gerichtet sind, besteht vielleicht die
Chance, dass er auf ein Eingreifen dieses Mal verzichtet.
Sicher ist dies allerdings noch lange nicht. Eines ist nämlich klar: Die
Situation in Belarus steht Spitz auf Knopf. Einen Abgesang auf Lukaschenko zu
schreiben, ist noch viel zu früh, selbst wenn die Situation zuletzt ein wenig
entspannter wirkte. In dieser kritischen Situation hat sich die EU nun eindeutig
positioniert.
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