12.07.2021 19:36:38
|
OTS: Börsen-Zeitung / Optimierungspotenzial, Kommentar von Mark Schrörs zur EZB
Optimierungspotenzial, Kommentar von Mark Schrörs zur EZB
Frankfurt (ots) - Die neue langfristige geldpolitische Strategie der
Europäischen Zentralbank (EZB) zeitigt wohl schneller Folgen für den kurz- und
mittelfristigen geldpolitischen Kurs als vielfach gedacht. EZB-Präsidentin
Christine Lagarde jedenfalls hat jetzt schon für die Sitzung des EZB-Rats am 22.
Juli Änderungen an der Forward Guidance avisiert - also am Ausblick für die
Entwicklung der Leitzinsen und der Anleihekäufe. Was die Kommunikation betrifft,
wirkt das doch reichlich unglücklich. Vor allem aber wirft das auch in der Sache
viele Fragezeichen auf.
Überraschend kommt die Ankündigung insbesondere, weil Lagarde bei der
Vorstellung der neuen Strategie am Donnerstag gleich zweimal explizit nach den
Implikationen für die Juli-Sitzung gefragt worden war. Da wich sie aber eher in
Allgemeinplätze aus und schien das Thema damit herunterzuspielen - nur, um dann
wenige Tage später in einem Bloomberg-TV-Interview mit der Aussage zu einer
neuen Forward Guidance aufzuwarten und die Juli-Sitzung zu einem "wichtigen
Treffen" zu erklären. Die Zentralbanken weltweit und auch die EZB stehen aktuell
vor einer besonderen Gratwanderung zwischen nötiger Unterstützung der Wirtschaft
und ebenso nötiger Normalisierung der Geldpolitik. Das setzt auch ihre
Kommunikation einem echten Härtetest aus. Bei der EZB gibt es da noch einiges
Optimierungspotenzial.
Was nun die Sache betrifft, erscheint es mindestens fraglich, ob wirklich
substanzielle Veränderungen bei der Forward Guidance nötig sind. Der
Zinsausblick knüpft künftige Zinserhöhungen schon jetzt an ausreichende
Fortschritte beim Erreichen des Inflationsziels - womit steigende Leitzinsen auf
Jahre hinaus als unwahrscheinlich gelten. Natürlich muss das neue Inflationsziel
Einfluss finden - glatt 2 % statt "unter, aber nahe 2 %". Ansonsten aber scheint
der Zinsausblick keineswegs inkonsistent mit der neuen Strategie. Ähnliches gilt
für den Ausblick für die Anleihekaufprogramme. Insbesondere sollte sich der
EZB-Rat beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP nicht voreilig festlegen,
was Käufe über März 2022 hinaus angeht. Die EZB sollte jetzt nicht überziehen.
Lagarde selbst hat am Donnerstag klar gesagt, die neue Strategie und das neue
Ziel würden eine mögliche geldpolitische Straffung nicht hinauszögern. Genau
darum muss es gehen: Natürlich ist eine vorzeitige Straffung zu verhindern, die
die coronageplagte Wirtschaft hart treffen würde. Genauso aber gilt es, den
Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik, noch genauer: den Einstieg in den
Ausstieg nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertagen.
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069-2732-0
www.boersen-zeitung.de
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/4966671
OTS: Börsen-Zeitung
![](https://images.finanzen.at/images/unsortiert/wertpapierdepot-absichern-aktienchart-boerse-750493204-260.jpg)
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!