11.05.2022 20:29:38

OTS: Börsen-Zeitung / Geplatzte Träume, Kommentar zu Bayer von Annette Becker

Geplatzte Träume, Kommentar zu Bayer von Annette Becker

Frankfurt (ots) - Wie gewonnen, so zerronnen. Bayer hat die am Dienstag

eingefahrenen Kursgewinne im Gefolge der guten Quartalszahlen einen Tag später

vollständig eingebüßt. Plötzlich sind die Glyphosat-Klagen wieder das

kursbestimmende Thema. Dabei hatten die Leverkusener so sehnlichst gehofft, nach

fast vier Jahren endlich einen Schlussstrich unter die Causa ziehen zu können.

Noch im Dezember hatte man frohlockt, weil der Oberste Gerichtshof in den USA

die beantragte Revision nicht in Bausch und Bogen verworfen, sondern bei der

US-Regierung eine Stellungnahme an­gefordert hatte. Bayer sah sich dadurch in

der eigenen Einschätzung bestärkt. Fünf Monate später sind die Träume jäh

zerplatzt. Der Solicitor General als Prozessvertreter der Biden-Regierung

empfiehlt dem Supreme Court, die beantragte Revision abzulehnen. Zwar liegt die

finale Entscheidung über Annahme oder Ab­lehnung der Berufung beim obersten­

Gericht, doch käme es einer faustdicken Überraschung gleich, sollte der Prozess

neu aufgerollt werden.

Vordergründig geht es um die Überprüfung des Urteils in einem einzigen Fall. In

dem war Bayer am Ende zu Schadenersatz von gut 25 Mill. Euro verurteilt worden.

Faktisch aber wollte Bayer erreichen, dass die gesamte Glyphosat-Thematik, die

schon Milliarden gekostet hat - allein 2021 wurden 4,3 Mrd. Euro für Vergleiche

gezahlt -, rechtlich neu bewertet wird. Danach sieht es nun erst einmal nicht

aus.

Das zieht nicht nur juristische Weiterungen nach sich, sondern auch pekuniäre.

Denn erst im vorigen Jahr musste Bayer die Rückstellungen für künftige Klagen um

4,5 Mrd. Dollar aufstocken, da der angedachte Vergleichsmechanismus für den

Umgang mit ebendiesen Klagen beim zuständigen Gericht durchgefallen war.

Zwar wird Bayer nun im nächsten Schritt keine weitere bilanzielle Vorsorge

treffen müssen, ist nach den Aussagen doch "absolut ausreichend vorgesorgt".

Gedanklich war das Geld jedoch schon verplant, hatten die Leverkusener doch fest

damit gerechnet, die Rückstellungen bei einem positiven Urteil auflösen zu

können.

Noch schwerer wiegt, dass die mit der Übernahme von Monsanto eingekauften

Rechtsrisiken einen nicht enden wollenden Aderlass bedeuten. Denn ohne

gerichtsfesten Vergleichsmechanismus können auch in fünf oder sechs Jahren noch

Klagen angestrengt werden. Die damit einhergehende Unsicherheit ist nicht nur

Gift für den Aktienkurs, sondern auch für die Weiterentwicklung des Konzerns.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5219828

OTS: Börsen-Zeitung

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!