05.09.2022 19:37:38

OTS: Börsen-Zeitung / Finger weg vom Preis, Kommentar zum Strommarkt von ...

Finger weg vom Preis, Kommentar zum Strommarkt von Annette Becker

Frankfurt (ots) - Das Gute vorweg: Offenbar hat sich auch in der Bundesregierung

die Erkenntnis durchgesetzt, dass dem Marktpreis eine wichtige Signalfunktion

zukommt. Gerade an Märkten mit Knappheiten sorgt der Preis nämlich in aller

Regel dafür, dass die Nachfrage eingedämmt wird und sich ein neues Gleichgewicht

zwischen Angebot und Nachfrage herausbildet. Insofern ist es durchaus zu

begrüßen, dass die Ampel-Koalition der Versuchung widerstand, einen echten

Strompreisdeckel einzuziehen.

Nachdenklich muss allerdings stimmen, dass es für Privathaushalte am Ende doch

einen Preisdeckel für Strom geben soll - zumindest was den nicht näher

definierten Basisverbrauch betrifft. Auch zu dessen Höhe schweigt man sich in

Berlin noch aus und verweist lieber darauf, dass man das Strommarktdesign

ohnehin lieber auf Ebene der EU anpassen möchte, da Strom grenzüberschreitend

gehandelt wird. Inwieweit das Wunschdenken ist, sei einmal dahingestellt.

Viel mehr verwundert, dass so getan wird, als habe sich die Politik im Zuge der

Liberalisierung der Strommärkte zur Jahrtausendwende ausgedacht, wie sich der

Strompreis künftig bildet. Ziel war es doch, dass sich der Preis für Strom nach

den Gesetzen des freien Marktes bildet. Dass dieser Gleichgewichtspreis

anschließend durch regulatorische Eingriffe wie beispielsweise die EEG-Umlage

oder Entgelte für andere Leistungen noch verändert wurde und wird, ist eine

andere Geschichte.

Erschreckend ist natürlich, dass der Preisbildungsmechanismus derzeit zur

Explosion der Strompreise führt. Denn wie auf jedem funktionierenden Markt liegt

der Marktpreis dort, wo sich Angebot und Nachfrage treffen. Ist zu viel Angebot

auf dem Markt, wird der teuerste Anbieter seine Ware nicht los. Ist wie aktuell

am Strommarkt zu wenig Angebot für die vorhandene Nachfrage da, steigt

zwangsläufig der Preis, da auch Gaskraftwerke am Netz sind.

Natürlich ist die Problematik am Strommarkt vielschichtiger. Nicht nur, dass der

Gaspreis durch den russischen Lieferstopp gerade durch die Decke geht. Zugleich

stehen die Erzeugungskapazitäten in Europa nicht im üblichen Umfang zur

Verfügung, da in Frankreich zahlreiche Atomkraftwerke nicht am Netz sind.

Dass die Mangelware Gas derzeit überhaupt noch zur Stromerzeugung genutzt wird,

liegt aber auch daran, dass in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen vornehmlich Erdgas

als Brennstoff eingesetzt wird. Neben Strom produzieren diese Anlagen auch

Wärme, welche die Industrie in ihren Produktionsprozessen benötigt. Der

Brennstoff in diesen Anlagen ist nicht beliebig austauschbar.

Das spielte den Betreibern von Solar- und Windkraftanlagen sowie

Kohleverstromern bislang in die Hände, strichen sie doch satte Gewinne ein, weil

die teuren Gaskraftwerke den Strompreis setzten. Von daher wäre es naheliegend,

Gaskraftwerke vorübergehend von der Preisbildung am Strommarkt auszuschließen.

Zumal die Strompreise inzwischen solche Höhen erreicht haben, dass der

Terminmarkt auszutrocknen droht. Viele Stromerzeuger sind schlicht nicht mehr in

der Lage, die Liquidität für die hohen Sicherheitsleistungen für Termingeschäfte

zu beschaffen. Der Terminmarkt ist es aber, der den Strommarkt beruhigen könnte.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069-2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5313880

OTS: Börsen-Zeitung

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!