01.08.2022 20:25:38
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Doppelte Fata Morgana, Kommentar zur chinesischen Wirtschaft von
Norbert Hellmann
Frankfurt (ots) - Es ist heiß in China, schon seit vielen Wochen. In flirrender
Hitze können manchmal verzerrte Wahrnehmungen entstehen. Angenehme
Wunschvorstellungen scheinen greifbar nahe, um sich doch wieder in Luft
aufzulösen. Chinas gut geölte Propagandamaschine samt einem Heer von
Wirtschaftsforschern in Staatsdiensten hat seit Anfang Juni keine Gelegenheit
ausgelassen, den mit Aufhebung des Lockdown in Schanghai greifbaren
Konjunkturaufschwung in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft zu feiern.
Der Juni hat tatsächlich eine Stimmungsaufhellung bei Industrie und Diensten
gebracht, allerdings zwangsläufig, weil es im Abgleich mit Lockdown-Monaten
nicht schlimmer ging. Die Frage ist nur, ob man solches "Beweismaterial"
ungeniert für Zukunftsprognosen fortschreiben darf. Die neuen
Einkaufsmanagerdaten für Juli sprechen dagegen. Im Industriesektor ist das
Stimmungsbarometer - je nach Erhebung - bereits wieder unter oder aber nah an
die Expansionsschwelle gefallen. Das heißt im Klartext, dass das
Aktivitätsniveau im industriellen Powerhouse China nicht weiter durchstartet,
sondern erneut ins Stottern kommt. Alle wichtigen Indikatoren für
Auftragseingänge, Exportorder oder Beschäftigungslage zeigen wieder nach unten.
Vom versprochenen Höhenrausch ist erst mal nichts zu sehen. Das liegt eindeutig
daran, dass man nicht ein paar wenige Aufhellungsmomente, sondern das zähe
Festhalten an wirtschaftslähmenden Corona-Restriktionen und eine schwache
Immobilienmarktverfassung in die Zukunft fortschreiben kann. Womit wir bei der
nächsten Fata Morgana wären, nämlich dem vom Immobilienentwickler Evergrande
fest versprochenen Sanierungs- und Schuldenrestrukturierungspan. Er sollte
Marktteilnehmern zumindest einen Eindruck vermitteln, wie es um die
Tragfähigkeit jenes Bauträgers aussieht, der zu einem Sinnbild für
Fehlentwicklungen geworden ist, die eine Vertrauenskrise im chinesischen
Wohnimmobilienmarkt heraufbeschwören und die Wirtschaft zusätzlich belasten.
Was Evergrande nun bietet, ist eine weitergehende Verschleierung der Sachlage
samt vagen Andeutungen über mögliche Beteiligungsverkäufe als Hoffnungsspender
für geprellte Investoren. Man darf davon ausgehen, dass die Lage bei Evergrande,
wie auch Dutzenden anderen überschuldeten Bauträgern, prekär bleibt und Chinas
Wohnimmobilienmarkt weiter herunterziehen wird. Das macht den spektakulären
Post-Lockdown-Aufschwung in China erst recht zu einer Luftnummer.
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