27.12.2022 20:17:38
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OTS: Börsen-Zeitung / China fällt in Ohnmacht, Kommentar zum Corona-Kurs von ...
China fällt in Ohnmacht, Kommentar zum Corona-Kurs von Norbert
Hellmann
Frankfurt (ots) - Wenn einem durch und durch unwürdigen Spektakel auch noch auf
besonders unwürdige Weise ein Ende bereitet wird, fällt es schwer, von "Ende
gut, alles gut" zu sprechen. Nun denn, am 8. Januar soll alles wieder gut und
China wieder offen sein. Dann streicht die chinesische Regierung restliche
Einreiseschikanen und Quarantänebeschränkungen. Damit setzt Peking den
Schlussakzent seines binnen drei Wochen vollzogenen Komplettausstiegs aus
Corona-Restriktionen, die unter dem Stichwort Null-Covid-Politik traurige
Berühmtheit erlangt haben. Von nun an können Ausländer wieder reguläre Visa für
geschäftliche, touristische oder familienbedingte Reisen nach China erhalten und
müssen nach dem Grenzübertritt keine tage- oder wochenlange Zwangsquarantäne
mehr absitzen. Umgekehrt sollen Chinesen die Möglichkeit erhalten, nach eigenem
Gusto ein Flugticket zu kaufen und ohne Sondergenehmigung eine Reise ins Ausland
anzutreten.
An den Märkten ist die Nachricht von der in Kürze bevorstehenden Rückkehr zur
Normalität in Sachen Einreisemodalitäten nach China positiv bewertet worden. Es
geht nicht nur um Erholungschancen in der Flug- und Tourismusbranche. Vielmehr
winkt nach einem fast dreijährigen Vakuum die Chance auf die präpandemisch
übliche Pflege persönlicher Wirtschaftskontakte mit dem Rest der Welt.
Chinesische Staatsmedien jubeln über eine angeblich prickelnde Atmosphäre mit
greifbarer Aufbruchsstimmung und rasch wachsendem Konsum- und
Wirtschaftsvertrauen. Tatsächlich ist davon nichts zu sehen und zu spüren.
Die wenigsten Chinesen kommenden auf den Gedanken, sich vom Gefühl der Rückkehr
zu einer paradiesischen Normalität mit freier Wirtschafts- und Konsumentfaltung
berauschen zu lassen. Vielmehr herrscht nackte Angst und ein geradezu lähmendes
Ohnmachtsgefühl gegenüber der tsunamiartigen Corona-Ansteckungswelle, die sich
mit dem abrupten Wechsel von einer ultraharten zu einer ultralaxen Politik über
das Land ergießt. Die von überharten Restriktionen geschwächte Wirtschaft droht
auf unbestimmte Zeit zunächst weiter lahmgelegt zu werden. Chinas führende
Metropolen haben in den drei Wochen seit der Aufgabe von Restriktionen und der
Abschaffung von Testverfahren nicht etwa in eine gewohnt brodelnde Normalität
zurückgefunden, sondern sich in regelrechte Geisterstädte verwandelt, deren
Aktivitätsniveau dem zu Zeiten eines harten Lockdown ähnelt.
Zwar hat die Regierung eine offizielle statistische Erfassung von Fallzahlen
oder Testergebnisse abschaffen lassen, dennoch kursieren Angaben aus internen
Behörden-Meetings, die eine dramatische Virusausbreitung anzeigen. In den ersten
zwanzig Dezembertagen sollen sich mindestens 250 Millionen Chinesen - knapp 20 %
der Gesamtbevölkerung - angesteckt haben. Nun breitet sich die Infektionswelle
von den Großstädten mit bereits stark überlasteten Gesundheitseinrichtungen in
ländliche Regionen mit wesentlich rudimentäreren Krankenversorgungssystemen aus
und wird für wirtschaftlich schlechter gestellte und sozial kaum abgesicherte
Bevölkerungsschichten zu einer echten Bedrohung. Bei aller Freude über
Perspektiven einer Rückkehr zur "Normalität" muss China zunächst das böse
Erwachen aus einer völlig verfehlten Coronapolitik meistern.
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