11.05.2018 20:16:40
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Börsen-Zeitung: Zwischentief / Kommentar von Stefan Schaaf zum
Marktgeschehen
Frankfurt (ots) - Es war eine gute Woche, jedenfalls für
Schwarzseher, Weltuntergangspropheten - und diejenigen, die aus dem
Pessimismus der anderen ein Geschäftsmodell gemacht haben, so
schlicht es auch sein mag. Was ist geschehen? Die USA haben das
Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt, und Italien steht vor einem
Regierungsbündnis von Rechtsradikalen und Populisten. Beides keine
guten Nachrichten für die Menschheit, aber es muss deshalb nicht von
Krieg und Staatspleite bzw. Euro-Austritt geredet werden.
Während bei manchen Kommentatoren der Puls in die Höhe ging,
zeigten sich die Kapitalmärkte ungewohnt rational. Der Ölpreis stieg
wie zu erwarten an, erreichte sogar ein Dreieinhalbjahreshoch. Und
der Risikoaufschlag für italienische Staatsanleihen zog wie zu
erwarten an. Doch wirkliche Unruhe kam nicht auf. Letztlich wird der
Ölmarkt auch ohne iranische Lieferungen nach Europa funktionieren,
und für die Weltwirtschaft ist die islamische Republik zu klein, um
positive globale Wachstumsprognosen über den Haufen zu werfen.
Auch im Fall Italiens blieben die Marktreaktionen verhalten, der
Spread zehnjähriger Staatsanleihen zu denen des Bundes als Benchmark
der Eurozone weitete sich in der abgelaufenen Woche zwar um rund 8
Basispunkte (BP) aus und erreichte am Mittwoch 138 BP. Das war
allerdings nur ein Niveau, das schon im März erreicht wurde und weit
entfernt vom Krisenmodus des Jahres 2011.
Aber war da nicht etwas mit dem Euro? Ja, die Gemeinschaftswährung
ist am Mittwoch auf ein Jahrestief von 1,1823 Dollar gefallen.
Vereinzelt wurde dies mit "wiederaufkeimenden Italien-Sorgen"
begründet. Nun ist die Aussicht auf eine unsolide Finanzpolitik in
Rom kein gutes Omen für den Euro, er wird aber deshalb nicht gleich
zerbrechen. Außerdem ist seine aktuelle relative Schwächephase - im
März 2017 stand er noch bei rund 1,05 Dollar - Ausdruck einer
breiten Dollar-Stärke.
Zunächst jedoch noch ein Wort zu Italien, das im Hinblick auf die
Fußball-Weltmeisterschaft auf einen schweren Sommer an der
Seitenlinie zugeht, ansonsten aber deutlich besser dasteht, als
wahrgenommen wird. Einzelhandelsumsätze und Industrieproduktion
steigen kräftig, nicht nur Unicredit, sondern auch die bisherige
Krisenbank Monte dei Paschi macht wieder Gewinn.
Geht es um den Euro-Dollar-Kurs, so dreht sich momentan alles um
die Zinsdifferenz zwischen Bundesanleihen und US-Treasuries. Und die
spricht eindeutig für den Greenback. Dessen jüngste Aufwertung begann
mit Erreichen der 3-Prozent-Marke im Zehnjahresbereich am 24. April.
Die Renditen von Euro-Staatsanleihen zogen zwar nach, aber in
geringerem Maße. Die Folge: Der Renditeaufschlag im
Zehnjahresbereich, der für den Euro-Dollar-Kurs zuletzt immer
wichtiger wurde, hat am vergangenen Mittwoch fast 245 BP erreicht
und lag damit so hoch wie noch nie seit Einführung des Euro 1999.
Grund für die Spread-Ausweitung ist zum einen, dass die Wirtschaft
der Eurozone nicht mehr ganz so schwungvoll wie noch 2017 wächst und
die EZB die Straffung der Geldpolitik behutsamer angeht, als viele
Marktakteure erwartet hatten. Zugleich spricht vieles für weitere
Leitzinserhöhungen der Federal Reserve, wobei die 3 % als
Obergrenze gesehen werden.
Die Frage ist allerdings, wie tragfähig dieser Zinstrend anhand
des aggressiven Isolationismus und der unsoliden Haushaltspolitik der
Trump-Regierung ist. Dies spricht dafür, dass der Euro aktuell nur in
einem Zwischentief steckt. Die Frage ist vielmehr, wann das Pendel
gegen den Dollar ausschlägt. Mittelfristig wird dies kommen, sind
viele Akteure überzeugt und halten Kurse von 1,40 bis 1,50 Dollar
dann auch für wahrscheinlich. Ein Weltuntergang ist dies dann aber
auch nicht.
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