28.07.2017 20:50:40

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Börsen-Zeitung: Zinspause in den USA, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Händler, Kapitalmarktanalysten und Volkswirte,

die die US-Notenbank Fed von Berufs wegen beobachten, befinden sich

dieser Tage wie andere Berufsgruppen auch in ihrem jährlichen

Sommerurlaub, oder in den Häusern steht gerade in diesen Tagen der

Wechsel an: Die einen kehren zurück, die anderen machen sich auf den

Weg zum Entspannen. Fed-Chefin Janet Yellen, vielleicht gerade selbst

vor ein paar freien Tagen, hat ihnen allen auch keinen Strich durch

die "Urlaubsrechnung" gemacht, indem sie etwa die Märkte "verbal"

durcheinandergerüttelt hätte. Auf der jüngsten Sitzung stellte sie

den Märkten relativ unmissverständlich eine Zinspause in Aussicht und

festigte damit ihre im Juli vor dem Kongress gemachten Aussagen, die

an den Märkten dahingehend interpretiert wurden, dass die

US-Währungshüter das Tempo aus der Geldpolitik herausnehmen. Tempo

raus und nun Pause machen, das ist der aktuelle Stand.

Die meisten sind sich denn auch darin einig, dass die jüngste

Fed-Sitzung in der gerade abgelaufenen Woche eher in Richtung

"non-event" zu qualifizieren ist, da es ja nichts Spektakuläres zu

vermelden gab. "Die Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC)

der Federal Reserve endete erwartungsgemäß ohne wirkliche

Überraschungen, da sowohl die Leitzinsen als auch die Bilanz

unverändert blieben", heißt es etwa bei den Strategen von State

Street. Aufgrund der nach wie vor geringen Inflation rechnen die

Experten bei State Street weiterhin damit, dass die Bilanzverkürzung

erst auf der Sitzung im September eingeläutet wird. Auch eine

Leitzinserhöhung im Dezember liege nach wie vor im Bereich des

Möglichen. "Um die gegenwärtigen Leitzinsprognosen der

FOMC-Mitglieder für 2018 zu rechtfertigen, bedarf es jedoch eines

deutlicheren Inflationsanstiegs", so State Street weiter. Der Punkt

Inflation bzw. Entwicklung der Teuerung ist ein sehr zentraler Aspekt

in dem weiteren Leitzinspfad der Fed, der noch viel gemächlicher

ausfallen könnte, als das heute so mancher auf dem Plan hat.

Mit diesem Aspekt setzen sich auch die Volkswirte und

Marktstrategen der Deutschen Bank auseinander. Sie machen im jüngsten

Statement der Fed zwei "kleinere Überraschungen" aus, wie Jim Read,

der bekannte, in London basierte Marktstratege des Institutes, es

nennt. Die erste kleinere Überraschung betrifft die Bilanzverkürzung.

Im Juni hatte die Fed noch davon gesprochen, dass das

Normalisierungsprogramm für die Bilanz, auf der sich ein

Anleiheposten von stattlichen 4,5 Bill. Dollar befindet, in diesem

Jahr beginnen sollte. Nun spricht die Fed davon, dass das Programm

"relativ bald" beginnen soll. Viele Marktakteure interpretieren das

dahingehend, dass auf der Septembersitzung der Fed weitere

Einzelheiten beschlossen und kommuniziert werden. Bei der Deutschen

Bank geht man eher davon aus, dass die Fed, die ja für vorsichtiges

Taktieren bekannt ist, erst im Oktober entsprechende Beschlüsse

fassen und mitteilen wird. Schließlich ist die "Oktobersitzung" auf

den 31. Oktober und 1. November terminiert. Die Fed würde sich Luft

verschaffen, um noch sämtliche Konjunkturdaten des dritten Quartals

und viele Makrodaten des Oktober in das Kalkül einbeziehen zu können.

Noch einen Gang herunter?

Die zweite Überraschung ist für die Deutsche Bank eine weitere

feine sprachliche Änderung im Statement. Mit Blick auf das

2-Prozent-Ziel der Fed bei der Inflation hieß es bislang: Die

Inflation (in der Kernrate) würde "somewhat" unter 2% liegen, also

"etwas" oder "ein wenig" unter dem Zielwert. Das "somewhat" wurde nun

im Statement zur Juli-Zinssitzung gestrichen. Vor diesem Hintergrund

ist zu urteilen, dass die Fed wohl einige Inflationssorgen hat, liegt

die Inflation doch nun etwas weiter vom Zielwert entfernt als nur

"ein bisschen". Das könnte dafür sorgen, dass die Fed noch einen Gang

herunterschaltet, insbesondere, wenn die Inflation - in der Kernrate

ohne Energie- und Lebensmittelpreise - weiterhin nicht anspringt.

Bislang rechnet die Deutsche Bank noch mit einem weiteren Zinsschritt

in diesem Jahr, und zwar im Dezember (Termin 12./13.12.).

Die Marktteilnehmer sind gut beraten, in den kommenden Wochen und

Monaten die US-Inflationsdaten genau im Auge zu behalten und ihnen

ein höheres Gewicht hinsichtlich der Zinsanpassungen nach oben

beizumessen als etwa den Arbeitsmarktdaten. Denn am US-Arbeitsmarkt

herrscht angesichts einer Arbeitslosenquote von zuletzt 4,4%

Vollbeschäftigungsniveau. Sollten die Inflationsdaten enttäuschen,

sollte man sich in Erinnerung rufen, wie vorsichtig die Fed wurde,

als die Arbeitsmarktdaten enttäuschten. Die Fed wurde infolgedessen

immer zurückhaltender. Das könnte sich nun durch schwache

Inflationsdaten wiederholen.

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