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04.12.2015 20:50:39

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Börsen-Zeitung: Volatilität voraus, Marktkommentar von Stefan Schaaf

Frankfurt (ots) - Unter den Marktbeobachtern finden sich

Scherzbolde, die meinen, man müsse immer einen Schnaps trinken, wenn

ein Stratege in diesen Tagen die Phrase "anhaltende Volatilität" in

den Mund nimmt. Man kann davon nur dringend abraten, es besteht

andernfalls im kommenden Jahr akute Gesundheitsgefahr. Das lässt sich

unter anderem aus den Prognosen vieler Banken für die Aktienmärkte

ablesen. Eine Dax-Spanne von 9000 bis 12500 Punkten wird darin als

möglich erachtet, was gleichbedeutend mit anhaltend hoher Volatilität

ist. Gleiches gilt für den Devisenmarkt, der wohl kaum einen so

klaren Trend wie in diesem Jahr aufweisen wird, als der

Euro-Dollar-Kurs fast kontinuierlich fiel.

Einen Vorgeschmack auf das vor den Anlegern liegende Jahr der

Volatilität lieferten in der zu Ende gegangenen Handelswoche die

Marktreaktionen rund um die Europäische Zentralbank (EZB). Die von

einer offenbar versehentlich veröffentlichten Falschmeldung der

"Financial Times" ohnehin in Nervosität versetzten Märkte reagierten

wie ein verwöhntes Kind, dem der Berg an Weihnachtsgeschenken nicht

genügt, weil es sich insgeheim auf einen zweiten Berg eingestellt

hatte. Dabei lieferte die EZB unter Präsident Mario Draghi eine

weitere deutliche Lockerung der Geldpolitik ab, die in der

Vergangenheit für eine Euro-Abwertung und eine Rally der Aktienmärkte

ausgereicht hätte. Doch wegen vollkommen überzogener Erwartungen -

auch geschürt durch die Notenbank-Kommunikation selbst - geschah

genau das Gegenteil. Das "verwöhnte Kind" Kapitalmarkt stampfte

beleidigt kräftig mit dem Fuß auf, die Folgen waren eine

Euro-Aufwertung um gut 3 US-Cent binnen kürzester Zeit und ein

Kursrutsch an den europäischen Aktienmärkten. Draghi habe das erste

Mal die Erwartungen verfehlt, hieß es am Aktienmarkt, nachdem die

Scherben zusammengekehrt waren.

Zwischenhoch

In der Spitze wurden am vergangenen Donnerstag 1,0980 Dollar für

einen Euro gezahlt. Damit holte der Euro die Verluste wieder auf, die

er seit Anfang November und damit dem Start einer verschärften

Lockerungsrhetorik der EZB eingefahren hatte. Wobei bei aktuellen

Kursen um 1,09 Dollar je Euro für die Gemeinschaftswährung noch immer

eine zehnprozentige Abwertung zum Greenback im laufenden Jahr zu

Buche steht. Und dieser Trend wird sich auch noch eine Zeit lang

fortsetzen, wenngleich nicht mehr in dem Tempo wie in den vergangenen

Monaten. Dafür spricht auch die wachsende Zinsdifferenz. Insofern war

das Tageshoch von Donnerstag wohl nur ein Zwischenhoch in einer

längerlaufenden Euro-Abwertung, die Anfang 2016 in Richtung der

Parität führen könnte.

Der Grund hierfür liegt einerseits bei der EZB selbst, die sich am

Donnerstag Spielraum für eine weitere Lockerung gelassen hat. Sie

könnte den Einlagesatz weiter senken oder die monatlichen

Anleihekäufe von derzeit 60 Mrd. Euro ausweiten.

Hohe Erwartungen

Der Hauptgrund für die Aussicht auf die Euro-Dollar-Parität liegt

jedoch in den USA, wo die Zeichen auf steigende Leitzinsen stehen.

Bekräftigt wurde diese Erwartung zum Wochenschluss vom

Arbeitsmarktbericht für November. Die offizielle Zahl neuer Stellen

lag mit 211000 um 11000 über dem Konsens, und der Oktober lief sogar

noch besser als bislang gedacht. Entscheidend ist aus Sicht von

Volkswirten jedoch, dass ein größerer Anteil US-Amerikaner sich am

Arbeitsmarkt beteiligt, ohne dass die Arbeitslosenquote stieg. Sie

verharrte bei 5%. Damit stiegen zugleich die Erwartungen an die

Federal Reserve. "Bereit zur Zinswende", hieß es etwa bei BNY Mellon

in einer ersten Reaktion. Der Swapmarkt preist laut Bloomberg-Daten

die Wahrscheinlichkeit einer US-Zinserhöhung in diesem Monat nun mit

78% ein. Doch die EZB zeigt: Wo die Erwartungen hoch sind, da droht

auch große Enttäuschung. Sollte die Fed am 16. Dezember nicht

liefern, drohen dem Markt erneut starke Verwerfungen. Volatilität

voraus!

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