16.12.2015 20:56:39

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Börsen-Zeitung: Verzweiflungstat, Kommentar zur US-Geldpolitik von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Jetzt aber den Fuß aufs Gas und schnell nach

Hause, bevor das Benzin alle ist! Genau so kommt einem die gestrige

Zinsanhebung der US-Notenbank vor - ein Akt der Verzweiflung: Jetzt

bloß noch schnell die Zinsen anheben, bevor die Schwäche der

US-Wirtschaft es nicht mehr zulässt.

Denn eines ist klar: Der Beginn der nächsten ausgeprägten

Schwächephase der US-Wirtschaft liegt näher, als das Ende der vorigen

Rezession entfernt ist. Die Fed war geradezu gezwungen, den Leitzins

anzuheben, ist ihr doch bewusst, dass sie diesen Schritt nicht mehr

vornehmen kann, wenn die Wirtschaft erst mal richtig im Abwärtsmodus

ist. Gehen musste sie diesen Schritt aber auch noch aus einem ganz

anderen Grund: Sie konnte die Märkte schlichtweg nicht noch mal

hinhalten. Zu oft hatte die Fed das nun schon gemacht und damit immer

auch die Unsicherheit in den Märkten geschürt. In dieser Hinsicht hat

Yellen nun geliefert - getreu der Devise: besser spät als nie.

Und wie geht es weiter? Ist das nun der große Trendwechsel, der

auch an den Bondmärkten zu deutlich höheren Renditen führt und damit

die Probleme der Nullzinswelt löst? Mitnichten! Die

US-Konjunkturdaten signalisieren klar, wo die Reise hingeht. Der

US-Einkaufsmanagerindex (ISM) fiel im November unter die Marke von 50

Punkten. Damit zeigt das Barometer erstmals seit drei Jahren kein

Wachstum mehr an, die US-Wirtschaft ist auf dem absteigenden Ast. Es

wurde also höchste Zeit für die Zinsanhebung, die nun auch noch -

wenn auch nur sehr wenig - dämpfend wirkt.

Hinzu kommt, dass Chinas Wachstumsmotor ganz kräftig stottert. Die

Sorge um die Wirtschaft im Reich der Mitte spiegelt sich auch an den

Rohstoffmärkten wider. Der Ölpreis und die Notierungen der

Industriemetalle etwa sind seit geraumer Zeit kräftig unter Druck.

Das bekommt auch die US-Wirtschaft zu spüren, genauso wie den

festeren Dollar, mancher rechnet für 2016 mit der Parität, denn die

Europäische Zentralbank setzt das Quantitative Easing (QE) in leicht

ausgeweiteter Form fort.

Das ist nicht gerade das Umfeld, das für schnelle

US-Leitzinsanhebungen und Renditesteigerungen am Bondmarkt spricht.

Man könnte fast schon meinen, die Fed ist näher an einer

Leitzinssenkung als an der nächsten Anhebung. Und wer weiß: Sollte

die US-Wirtschaft unter den genannten Faktoren 2016 stärker leiden,

als das bis jetzt abzusehen ist, muss die Fed vielleicht doch wieder

mit dem Fuß aufs Gaspedal treten, will heißen auf QE-Modus

umschwenken. Dafür hat sie sich gestern den ersten kleinen Spielraum

verschafft.

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