07.01.2019 20:26:40

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Börsen-Zeitung: Scholz will es wissen / Kommentar von Angela Wefers

zur Kanzlerkandidatur von Bundesfinanzminister Scholz

Frankfurt (ots) - Der Jahresauftakt dient den Parteien

traditionell zur Ortsbestimmung. Die CSU geht seit Jahren zu diesem

Zeitpunkt in Klausur - früher in Kreuth, nun ins Kloster Seeon. Die

Liberalen pflegen regelmäßig den Diskurs am Dreikönigstag.

Vizekanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich die

"Bild"-Zeitung ausgesucht, um seinen Führungsanspruch in der SPD

öffentlich zu machen. Dass Scholz sich das Amt des Bundeskanzlers

zutraut, ist nun kein Geheimnis mehr. Die Zeit drängt für die SPD,

ihre Richtung zu klären und ihr Profil zu schärfen. In den

Umfragewerten liegt sie mit rund 15% auf einem historischen

Tiefststand. Von den Werten einer Volkspartei, die sie bleiben will,

ist sie weit entfernt.

Das Jahr 2019 wird parteipolitisch sehr bewegend. Als wichtigste

Abstimmung steht die Europawahl am 26. Mai an. Die Wahl gilt als

Nagelprobe für die Kraft der Volksparteien - und auch für die Zukunft

der großen Koalition in Berlin. Am selben Tag wird die Bürgerschaft

in Bremen neu gewählt. Zudem stehen ebenfalls zu diesem Datum

weitreichende Kommunalwahlen an: in den fünf ostdeutschen

Bundesländern sowie in Hamburg, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz

und im Saarland. Anfang September sind die Landtage in Brandenburg

und Sachsen neu zu besetzen, Ende Oktober das Landesparlament in

Thüringen. Schließlich wird es im Herbst 2019 auch zur

Bestandsaufnahme bei Schwarz-Rot im Bund kommen, wie es im

Koalitionsvertrag festgelegt ist. Von Kurskorrektur bis zum Bruch

ist derzeit alles möglich, wenn sich die anhaltende Unzufriedenheit

der Wähler mit der Bundespolitik in den Wahlergebnissen auf den

verschiedenen anderen Ebenen zeigen sollte.

Die Frage der Kanzlerkandidatur ist für die SPD theoretisch

derzeit nicht wichtig. Sie steht aber für die Frage, wer die Führung

in der Partei innehat - bezogen auf Inhalte und Machtanspruch. Dies

zu klären, drängt allerdings sehr, vor allem seit Parteivorsitzende

Andrea Nahles durch ihren Zickzackkurs in der Affäre Maaßen

geschwächt ist. Hält die große Koalition nicht bis zum Ende der

Legislaturperiode 2021, muss die SPD präpariert sein. Mehr noch, die

SPD hätte bei einer ungeklärten Führungsfrage gar nicht die

Möglichkeit, aus der Koalition auszusteigen, selbst wenn es

strategisch richtig wäre. Die CDU ist mit der neuen

Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer besser vorbereitet.

Scholz will es wissen. Ob sein zurückgenommenes hanseatisches

Naturell die Seele der Partei wärmen kann, wird sich erweisen. Der

Wettstreit dazu ist eröffnet.

(Börsen-Zeitung, 8.1.2019)

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