16.02.2016 20:45:40

OTS: Börsen-Zeitung / Börsen-Zeitung: Pflicht zum Widerstand, Kommentar zur ...

Börsen-Zeitung: Pflicht zum Widerstand, Kommentar zur Anhörung vor dem

Bundesverfassungsgericht in Sachen EZB-Anleihekäufe von Stephan Lorz

Frankfurt (ots) - Erhitzte Gemüter auf der einen Seite, die eine

Aushöhlung der Demokratie befürchten, auf jeden Fall aber einen

Angriff auf das Budgetrecht des Bundestages konstatieren. Auf der

anderen Seite die Vertreter von Bundesregierung und Bundestag, die

den Klägern unterstellen, ein Schreckensbild zu malen, das der

Realität in keinster Weise entspricht, die einer Verniedlichung der

Risiken das Wort reden, weil ansonsten Stimmungen geweckt würden,

welche die Stabilität der Eurozone untergraben. Kurz: Die gestrige

mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Sachen

EZB-Anleihekaufprogramm unterscheidet sich kaum von jener aus dem

Jahr 2013, als es um die gleiche Klage ging.

Dabei hatten sich die Bundesverfassungsrichter seither längst ein

Urteil gebildet und das auch kundgetan: Sie sind der Auffassung, dass

die Ankündigung der EZB, im Notfall unbegrenzt Anleihen von

Krisenstaaten aufkaufen zu wollen, weit über ihr geldpolitisches

Mandat hinausgeht, in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten eingreift

und gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung verstößt.

Warum also die Wiederholung? Der neuerliche Verhandlungstermin ist

schon deshalb gerechtfertigt, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH)

inzwischen weitgehend zugunsten der EZB entschieden hat. Das hat die

Ausgangslage grundlegend verändert. Die Karlsruher Richter haben

jetzt erst recht keine andere Möglichkeit mehr, als die

Verfassungswidrigkeit des EZB-Beschlusses festzustellen.

Schließlich hat der EuGH der Notenbank quasi einen Freifahrtschein

gegeben. Die EZB darf selber entscheiden, wie weit sie mit ihrem

Instrumentarium gehen will, sofern sie ihre Beschlüsse irgendwie als

geldpolitisch notwendige Handlung bemäntelt. Eine Kontrolle, ob das

der Wahrheit entspricht, findet nicht statt. Die Europarichter sehen

sich dazu gewissermaßen außerstande. Der EZB wurde damit die

Kompetenzkompetenz verliehen, was die verfassungsrechtlichen

Grundsätze der Eurozone regelrecht persifliert. Verfassungsjuristen

sprechen von einer unbegrenzten Generalermächtigung statt der bisher

auf der Grundlage parlamentarischer Akte begrenzten

Einzelermächtigung.

Angesichts dieser Entwicklung wird der Widerstand der Notenbanker

als Hüter der Verfassung zur Pflicht. Europafreundlich ist

schließlich nicht nur, wer alle Entwicklungen in Brüssel und

Luxemburg abnickt, wie in Teilen der Politik insinuiert, sondern

auch, wer die europarechtliche Grundlagen vor deren Erosion schützt.

OTS: Börsen-Zeitung

newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377

newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!