17.04.2014 20:32:47
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Börsen-Zeitung: Normal, aber anders, Marktkommentar von Stefan Schaaf
Frankfurt (ots) - Die Normalität ist an den Devisenmarkt
zurückgekehrt. Weitgehend jedenfalls. Der Wechselkurs von Euro und
Dollar wird wieder weitgehend von den Faktoren bestimmt, die seit
jeher am Devisenmarkt wirksam sind: Geldpolitik bzw. die Rhetorik der
Notenbanken, volkswirtschaftliche Fundamentaldaten, Zinserwartungen
und Kapitalströme.
Im Frühsommer 2012, auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise
genannten kontinentaleuropäischen Phase der globalen Finanzkrise,
waren die Wirkungszusammenhänge ganz anders: Am Devisenmarkt spielten
Zinsdifferenzen quasi keine Rolle. Es wurde beim global wichtigsten
Währungspaar Euro-Dollar fast ausschließlich auf das Zerbrechen der
Währungsunion oder ihren Fortbestand gehandelt. Aussagen spanischer
Politiker oder italienischer Bankenvertreter lagen auf der Goldwaage
der Marktteilnehmer und bargen das Potenzial für Kursausschläge, ganz
zu schweigen von Einlassungen von Ratingagenturen oder namhaften
Investoren, die nicht selten für einen von ihnen prognostizierten
Ausgang der Ereignisse selbst aggressiv positioniert waren.
Der Wind hat sich gedreht. Die Währungsunion ist allen Unkenrufen
zum Trotz nicht nur zusammengeblieben, sie hat mit Lettland zu
Jahresbeginn sogar ihr 18. Mitglied bekommen. Es ist ein Stück
Normalität eingekehrt. Fundamentaldaten wie Zahlen zur
Preisentwicklung spielen wieder eine Rolle am Devisenmarkt. Als in
der zu Ende gegangenen Woche die endgültigen März-Verbraucherpreise
für die Eurozone veröffentlicht wurden, stieg der Euro etwas an, weil
die Wahrscheinlichkeit für eine noch lockerere Geldpolitik der
Europäischen Zentralbank (EZB) sich nicht erhöht hatte. Umgekehrt gab
der Dollar tags darauf etwas nach, als die neue
US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen erklärte, von den Löhnen gehe
derzeit kein Inflationsdruck aus.
Trotz dieser offenkundigen Normalität ist doch etwas anders
geworden: Erstens hat sich die Geldpolitik in der Eurozone auf ein
ihr fremdes Terrain vorgewagt mit der Diskussion um eine quantitative
Lockerung, was nichts anderes wäre als eine kräftige Ausweitung der
Geldmenge. Kursbewegend waren zuletzt vor allem die Spekulationen, ob
die EZB lockert oder nicht. Würde sie Staatsanleihen oder
Kreditverbriefungen kaufen, und wenn ja, in welchem Umfang, fragten
sich Marktteilnehmer. Die EZB mischte bei den Spekulationen verbal
kräftig mit, ohne konkret zu werden. Das lässt die Frage aufkommen,
wie lange der Devisenmarkt diese verbalen Spielchen noch mitmacht,
bevor er die Entschlossenheit der Notenbank austesten wird. Dies
führt zum zweiten Unterschied. Vereinfacht gesagt: viel Lärm um
nichts. Die Diskussion dreht sich längst nicht mehr nur um
Inflationsraten bzw. Deflationsängste. Es geht um den Wechselkurs und
um Wettbewerbsfähigkeit. Der Devisenmarkt reagiert auf die immer
breitere und lautere Diskussion allerdings immer weniger. Es scheint,
es habe sich der Euro im Bereich von 1,38 Dollar derzeit komfortabel
eingerichtet. Seit Jahresbeginn hat er gerade einmal um 0,9%
aufgewertet, tägliche Schwankungen von 0,2% oder 0,3% sind wieder zur
Regel geworden. Starke Ausschläge wie zur Krisenzeit sind dem
Währungspaar fremd.
Dennoch ist ein Kurs von 1,38 Dollar einigen zu hoch, weil sie die
Exportwirtschaft im Nachteil sehen oder eine importierte Deflation
fürchten. Sie fordern weitere Lockerungsübungen der EZB, um den
Euro-Kurs zu senken. Das wirft die Frage auf, ob dies der Notenbank
mit ihrem Instrumentarium überhaupt möglich wäre. Zu einer aus Sicht
der Interventionsbefürworter ernüchternden Antwort kommt Morgan
Stanley: "Die Werkzeuge der EZB zur effizienten Schwächung des Euro
sind sehr begrenzt." Negative Einlagezinsen oder der Verzicht auf die
Sterilisierung des SMP-Staatsanleihenkaufprogramms würden, so die
Volkswirte, zwar einen negativen Einmaleffekt auf den Euro haben.
Mehr aber auch nicht.
Dauerhaft würde, so ihre Argumentation, die Gemeinschaftswährung
nur durch eine aggressive quantitative Lockerung im Umfang von 1,5
oder 2 Bill. Euro zu schwächen sein. Morgan Stanley hält einen
solchen Schritt der EZB für höchst unwahrscheinlich, auch wegen hoher
juristischer Hürden - Stichwort Mandat. Wahrscheinlicher sei ein Kauf
von als ABS verbrieften Bankkrediten. Dabei kämen aber wohl nur 150
bis 200 Mrd. Euro zusammen. Zu wenig, um den Euro-Kurs zu bewegen.
Die Geldpolitik wäre dann eine andere, aber der Devisenmarkt bliebe
normal.
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