18.12.2015 20:40:40

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Börsen-Zeitung: Nach dem Lift-off, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Die US-Notenbank Federal Reserve ist aus der

Nullzinspolitik ausgestiegen und hat in der gerade beendeten

Handelswoche erstmals seit fast einem Jahrzehnt den Leitzins

angehoben. Der Zielsatz für US-Tagesgeld wurde von der Spanne von 0

bis 0,25% auf jetzt 0,25 bis 0,5% angehoben. Die Reaktion der Märkte,

von Aktien über Renten bis hin zu Währungen und Rohstoffen, auf

diesen Lift-off fiel - nach ersten kurzen Schwankungen - doch

ausgesprochen moderat aus, was sich auch leicht erklären lässt. Der

Schritt war nicht nur gut vorbereitet und damit lange an den Märkten

erwartet, er wurde mancherorts schon als überfällig eingestuft. Man

muss es eigentlich schon andersherum betrachten: Hätte die Fed jetzt

noch einmal zugewartet, wären wohl eher heftige Verwerfungen an den

Märkten einzukalkulieren gewesen.

Für eine weitergehende Beruhigung der Anlegergemüter sorgte auch

die begleitende Erklärung der Fed bzw. der Fed-Chefin Janet Yellen

auf der anschließenden Pressekonferenz. Yellen machte den

Marktteilnehmern unmissverständlich klar, dass der Zinspfad der

US-Notenbank hin zu höheren Niveaus mit einer sehr gemächlichen

Gangart verbunden sein wird. Eine aggressive Zinserhöhungspolitik -

also ein sehr restriktiver Kurs - kann damit vollkommen

ausgeschlossen werden, es sei denn, über Nacht träte starke Inflation

auf, was wohl kaum der Fall sein wird. Yellen machte die weitere

Gangart wieder einmal datenabhängig. Es komme darauf an, wie sich die

Konjunktur und vor allem auch die Inflation entwickeln werde.

Und von der konjunkturellen Seite spricht - außer einer sehr

robusten Verfassung des US-Arbeitsmarktes - nicht sehr viel für

schnelle Leitzinsanhebungen. Der US-Einkaufsmanagerindex zeigt

erstmals seit gut drei Jahren an, dass die amerikanische Wirtschaft

wieder zur Schwäche neigt. Untermauert wurde das durch die am Tag der

US-Zinserhöhung vorgelegten Daten zur Industrieproduktion. Sie wiesen

für November ein Minus von 0,6% aus. Damit fiel der Rückgang deutlich

stärker aus, als es der Konsens mit einem Minus von 0,1% vorhergesagt

hatte. Sollte die US-Wirtschaft in den kommenden Monaten weiter

Schwächesignale aussenden, müssen sich die Marktteilnehmer wohl auf

eine Verlangsamung des Zinserhöhungsprozesses einstellen.

Mancher Analyst sieht den nächsten Zinsschritt der Fed bereits im

März, andere gehen davon aus, dass es erst im Sommer so weit sein

wird. Die US-Leitzinsen haben sich somit zwar vom Boden abgesetzt,

aber sie befinden sich immer noch auf historischen Tiefs. Das

Niedrigrenditeumfeld ist somit auch in den USA weiterhin intakt. Die

Geldpolitik der Amerikaner ist immer noch sehr expansiv ausgelegt.

Diese Liquiditätsflut sollte die Märkte zunächst noch weiter

unterstützen.

Tendenziell wirkt der nun angehobene Leitzins auch ein wenig

renditesteigernd an den Bondmärkten. Allerdings sollte dieser

Einfluss - insbesondere an den europäischen Rentenmärkten - nicht

überschätzt werden. Denn zwischen den USA und der Eurozone gibt es

divergierende Geldpolitiken. Während die US-Notenbank auf den

Zinserhöhungsmodus geschwenkt ist, steht der Präsident der

Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, weiterhin mit dem Fuß

auf dem Quantitative Easing genannten Gaspedal. Das bedeutet: Im

gemeinsamen Währungsgebiet ist die Geldpolitik weiterhin sehr

expansiv ausgerichtet. Und das wird noch einige Zeit so bleiben.

Draghi wird in den kommenden Wochen und Monaten das Kaufprogramm für

Anleihen noch ausweiten. Gegenstand von Käufen werden nun auch noch

die Bonds von regionalen und kommunalen Emittenten. Man darf gespannt

sein, ob das nun Druck von den Staatsanleihen nehmen wird, d.h. ob

diese Käufe dafür sorgen, dass die Knappheitssorgen der

Marktteilnehmer bei den Bundesanleihen etwa abnehmen werden, oder ob

die Illiquidität an den Rentenmärkten dadurch nur noch größer wird.

Die Käufe der EZB werden in den nächsten Wochen den

renditesteigernden Effekt der US-Zinserhöhung kräftig überlagern.

Denn niedrigere Renditen sind schließlich das Ziel dieser

EZB-Bondkäufe. Die Anleger sollten sich damit auch darauf einstellen,

dass am kurzen Ende der Kurve und in manchen Segmenten des

Rentenmarktes auch bis hin zu den mittleren Fälligkeiten wohl noch

negative Renditen zu beobachten sein werden. Insofern zeigt die

Zinsanhebung in den USA hierzulande nur einen sehr begrenzten

Einfluss auf die Notierungen an den Rentenmärkten.

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