28.07.2014 21:19:47

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Börsen-Zeitung: Leider wahr, Kommentar zur Verfassungsbeschwerde gegen

die Bankenunion von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots) - Noch 98 Tage bis zur europäischen Bankenunion:

Am 4. November soll die gemeinsame Aufsicht unter Federführung der

EZB als erste Stufe des Jahrhundertprojekts starten, das in seiner

Tragweite durchaus mit der 1999 aus der Taufe gehobenen Währungsunion

vergleichbar ist. Aber hoppla, ist das überhaupt erlaubt?

Die Initiative "Europolis" um den Berliner Finanzprofessor Markus

C. Kerber meint: nein. Sie hat Verfassungsbeschwerde gegen die der

Bankenunion zugrundeliegenden Rechtsverordnungen und gegen das

Zustimmungsgesetz zur Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB

angekündigt. Sie will zudem gegen den einheitlichen

Abwicklungsmechanismus und den Bankenabwicklungsfonds vorgehen. Die

Beschwerdeführer zweifeln (und verzweifeln) offenbar am deutschen

Parlamentarismus in den Zeiten einer großen Koalition: Hier werde ein

Vorhaben von der Bundesregierung betrieben und vom Bundestag kaum

beachtet, das eine Vergemeinschaftung von Bankenrisiken beinhalte,

die weit über alle bisherigen Rettungsfonds hinausgehe.

Das ist leider wahr. Man mag die Bankenunion für notwendig und

sinnvoll, gar für überfällig halten: Sie ist ja in der Tat eine

folgerichtige Absicherung des Binnenmarktes und der Währungsunion,

soll dazu dienen, den Teufelskreis zwischen Bankenkrise und

Staatsschuldenkrise zu durchbrechen und hätte direkt "nach

Maastricht" in Angriff genommen werden müssen. Des Beweises aus der

aktuellen Krise, die deutlicher denn je vor Augen führt, wozu ein

Flickenteppich nationaler Regeln und Aufsichtsregime führt, hätte es

gar nicht mehr bedurft.

Aber ist es vermessen, zumal angesichts der auf Bankkunden und

Steuerzahler zukommenden grenzübergreifenden Haftungsrisiken, daran

zu erinnern, dass wir in einem Rechtsstaat leben, der nicht immer

wieder durch eine Art Notstandsregime unterlaufen werden darf? Der

Zweck - Krisenmanagement - heiligt eben nicht jedes Mittel. Und der

als Rechtsgrundlage der Bankenunion missbrauchte Artikel 127 (6) des

EU-Vertrages besagt in für Juristendeutsch ungewöhnlicher Klarheit,

dass eine weitreichende oder gar komplette Übertragung von

Bankaufsichtskompetenzen auf die EZB gerade nicht zulässig ist - eine

Meinung, die übrigens auch das Research der Deutschen Bank vertreten

hat.

Nötig wäre eine Vertragsänderung. Doch diesen Versuch haben

Regierungen und Parlamente erst gar nicht gewagt. "Eine Instabilität

des Rechts wiegt schwerer als eine Instabilität der Finanzen", hat

der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof gesagt. Wie recht er

hat.

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