08.09.2014 20:26:47

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Börsen-Zeitung: Kernschmelze, Kommentar zum Schottland-Referendum von

Andreas Hippin

Frankfurt (ots) - Zehn Tage vor dem Referendum über die

Unabhängigkeit Schottlands haben die Nationalisten die Nase vorn. In

London gibt es erste Anzeichen von Panik. Lange Monate hatten die

Akteure am Devisenmarkt damit verbracht, aus der Farbe der Krawatte

des Notenbankgouverneurs Mark Carney Hinweise auf das Timing des

ersten Zinsschritts der Bank of England abzuleiten. Nach

Bekanntwerden der neuesten Umfrageergebnisse war auf einmal Schluss

mit dem selbstreferenziellen Handeln an den Finanzmärkten. Das Pfund

schmierte gegen den Dollar ab. Bei den Vermögensverwaltern gingen

reichlich Anrufe besorgter Kunden ein. So viel Schaden haben die

Schotten in der britischen Metropole nicht angerichtet, seit sie nach

dem Sieg über England 1977 das Spielfeld im Wembley-Stadion

verwüsteten.

Schatzkanzler George Osborne könnte sich eigentlich freuen, dass

das Pfund abwertet. Das entlastet zumindest die Exportwirtschaft.

Sollte sich Schottland in der kommenden Woche aber wirklich für das

Verlassen der Union entscheiden, stünde die Politik der regierenden

Koalition aus Konservativen und Liberaldemokraten vor der

Kernschmelze. Die britischen Institutionen haben sich auf diesen Fall

nur unzureichend oder gar nicht vorbereitet. Noch vor einem Jahr

wischte Carney Fragen zum Thema Schottland mit der Bemerkung vom

Tisch, es sei noch niemand auf ihn zugekommen. Osbornes Schatzamt

stellt offenbar erst jetzt ein Team zusammen, das sich mit den Folgen

eines Ja-Votums auseinandersetzen soll.

Nachdem sich die Insel mühsam wieder auf Vorkrisenniveau

hochgearbeitet hat, könnte es mit der Aufwärtsbewegung nun schnell

wieder vorbei sein. Schottland ist nach der EU der wichtigste

Handelspartner Rest-Britanniens, und zahlreiche Investitionsvorhaben

dürften auf Eis gelegt werden, bis die Währungsfrage geklärt ist. Die

Weigerung Londons, über eine Währungsunion zu verhandeln, wird im

Falle eines Sieges der Nationalisten um Alex Salmond bestenfalls dazu

führen, dass die Bank of England schottischen Banken auch weiterhin

bei Bedarf Liquidität zur Verfügung stellt, während London und

Edinburgh die Details ausarbeiten. Schlimmstenfalls droht dem

britischen Bankensystem der Absturz ins Chaos. Eine Loslösung

Schottlands würde zudem die Frage aufwerfen, ob die für 2015

angesetzten Wahlen verschoben werden müssen. Die Anti-Brüssel-Partei

Ukip würde gestärkt, die Wahrscheinlichkeit eines Ausstiegs aus der

EU stiege. Es wird heiß in London.

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