24.07.2015 20:56:40
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Börsen-Zeitung: Heißer Sommer, Marktkommentar von Stefan Schaaf
Frankfurt (ots) - Die Apple-Aktie beeinflusst gewöhnlich nicht den
Euro-Dollar-Kurs. In der abgelaufenen Woche war es jedoch ein
bisschen anders, wenngleich die Wirkung auch indirekt war. Dabei
waren von Apple weniger Klagen über den starken Dollar zu vernehmen
als von anderen US-Konzernen, deren Gewinne in der Eurozone
zusammenschmelzen. Offenbar ist die Preissetzungsmacht des Konzerns
noch immer stark. Ein Gewinn- und ein Umsatzsprung um je rund ein
Drittel sprechen Bände. Die Anleger reagierten darauf jedoch wie beim
Biss in einen zu früh geernteten Apfel von hessischen
Streuobstwiesen: mit säuerlichem Gesicht. Die Apple-Aktie brach ein
und verdarb das Sentiment am globalen Aktienmarkt. Wenn selbst Apple
nicht mehr für steigende Kurse sorgen kann, zeigt dies, wie hoch die
Erwartungen an das Gewinnwachstum inzwischen sind - und wie groß das
Enttäuschungspotenzial ist.
Und damit zurück zum Euro-Dollar-Kurs, der in gewisser Weise
nämlich auch von Apple bzw. mit Enttäuschung aufgenommenen
Firmenbilanzen - man denke nur an den Kursrückgang bei Daimler trotz
kräftigen Margenanstiegs - geprägt wird. Dazu trägt bei, dass die
Rolle des Euro am Devisenmarkt sich wegen der extrem niedrigen Zinsen
in der Eurozone verändert hat. Der Euro ist inzwischen zu einer
Finanzierungswährung geworden, in der sich Anleger in Phasen
positiver Marktstimmung verschulden, um in höher verzinste Währungen
wie den US-Dollar, die norwegische Krone oder auch
Schwellenländer-Valuten zu gehen. Kippt die Stimmung am Markt, so
werden diese riskanten Carry Trades schnell wieder abgewickelt.
Ein gutes Geschäft
Das erklärt, warum der Euro-Dollar-Kurs bei risikoaverser Stimmung
z.B. infolge einer Zuspitzung in der Griechenland-Krise oder
enttäuschender Quartalsberichte steigt und umgekehrt bei
optimistischer Stimmung fällt. Im bisherigen Jahresverlauf war dieser
Euro-Carry übrigens ein gutes Geschäft. Zum Schweizer Franken, der
aber auch von Freigabe des Kurses profitierte, waren es fast 15%.
Aber auch zum Dollar ließen sich mittels Euro-Carry laut
Bloomberg-Daten 7,8% verdienen. Solange die Bilanzsaison noch
andauert, dürften auch die Quartalszahlen der Unternehmen über den
Carry Trade den Euro beeinflussen. Dieser Einfluss wird jedoch in
zwei bis drei Wochen deutlich nachlassen. Ohnehin werden die Märkte
in der nächsten Zeit immer stärker im Bann der Spekulationen über die
bevorstehende US-Zinswende stehen. Nach den jüngsten Äußerungen
führender Fed-Vertreter gilt eine Zinserhöhung in der zweiten
Jahreshälfte als ausgemacht. Der Marktkonsens rechnet derzeit zwar
eher mit dem "Lift-off" im Dezember. Doch die Märkte stellen sich
zunehmend auf September ein. Seit Monatsbeginn haben sich die
Zuflüsse in Dollar-Anlagen verstärkt, wie die BNY Mellon feststellte.
Dies sei auch ein Ausdruck der wachsenden Erwartung, dass es in
diesem Jahr doch noch zu zwei Fed-Zinsschritten kommen könnte. Auf
diesem Weg würde sich die Notenbank geldpolitischen Spielraum für
eine erneute Konjunkturabkühlung oder eine geopolitische Krise
schaffen. Zwei Zinsschritte bedeuten jedoch: Keine zwei Monate mehr
bis zur nächsten Fed-Zinssitzung am 17. September.
Damit steigt der Druck auf die Fed, einen Zinsschritt auch
kommunikativ vorzubereiten. Am Markt wird erwartet, dass die
Notenbankchefin Janet Yellen die Märkte so weit auf diesen wohl
historischen Schritt vorbereiten möchte, dass die Zinserhöhung bei
deren Verkündung bereits vollkommen eingepreist ist. Folglich dürften
in den nächsten Wochen Konjunkturdaten und Äußerungen von
Fed-Vertretern noch stärker als sonst auf ihre Relevanz für die
Geldpolitik abgeklopft werden. Das lässt starke Ausschläge bei den
Treasuries und den Währungen erwarten, zumal viele Marktakteure für
einen Lift-off im September noch nicht positioniert sind. Wie groß
das Potenzial ist, machte zuletzt die LBBW deutlich: Sie rechnet mit
der ersten Zinserhöhung in zwei Monaten und sieht für dieses Szenario
den Euro Ende September bei 1,05 Dollar.
Auch wenn der Euro im September dort stehen sollte, es wird mit
Sicherheit nicht linear in diese Richtung gehen. Vielmehr dürfte es
je nach Datenlage oder Fed-Äußerungen schnell in die eine oder andere
Richtung gehen. Schon jetzt ist die Volatilität am Devisenmarkt
bereits fast doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Da der
Euro-Dollar-Kurs durch die Carry Trades verzerrt ist, dürfte die
kurzlaufende zweijährige US-Anleihe der wohl bessere Indikator für
Zinserwartungen sein. Aber auch ihre Rendite dürfte starke
Schwankungen zeigen. Den Anlegern steht ein heißer Sommer bevor.
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