EURO STOXX 50
11.08.2017 20:49:40
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Börsen-Zeitung: Ende der Sorglosigkeit, Marktkommentar von Dietegen
Müller
Frankfurt (ots) - Die martialischen Drohgebärden von Donald und
Kim, zweier völlig unberechenbarer politischer Figuren mit nuklearem
Potenzial, haben die Finanzmärkte lange kaltgelassen. Seit einigen
Tagen scheint sich dies zu ändern. Am Freitag setzte der US-Präsident
gegen seinen nordkoreanischen Widersacher noch einen Verbalschlag
drauf: Die militärischen Optionen gegen Nordkorea seien nun "locked
and loaded" - schussbereit und geladen, twitterte Trump.
Mitten in der Urlaubssaison - mit entsprechend geringerer
Liquidität im Markt - haben die Investoren nun begonnen, höhere
Risiken einzupreisen. Nicht nur, dass der Dax zeitweise unter die
Marke von 12000 gerutscht ist und damit auf den niedrigsten Stand
seit März. Er hatte sich auch bedrohlich dem 200-Tage-Durchschnitt
genähert, ein Indikator, der bei vielen Marktakteuren Beachtung
findet. Wird dieser nach unten durchbrochen, droht womöglich ein
größerer Kursrutsch.
Auch an anderen Indikatoren lässt sich ablesen, dass die
Nervosität steigt. Sogenannte "Angstbarometer" wie
Volatilitätsindizes oder die Risikoaufschläge von Hochzinsanleihen
zeigen nach oben. Der VDax New stieg am Freitag auf über 20 Punkte.
An den Devisenmärkten zeigte sich eine Flucht in Sicherheit. So
wertete der Yen in der vergangenen Woche auf - paradoxerweise, obwohl
Japan ja nahe der koreanischen Halbinsel liegt. Auch rutschte der
Euro zum Schweizer Franken am Freitag zeitweise wieder unter 1,13.
Der südkoreanische Won verlor seit der Akzentuierung der Spannungen
vor rund zwei Wochen rund 3% zum Dollar; der Kospi, der Leitindex des
südkoreanischen Aktienmarkts, sank von seinem vor zwei Wochen
erreichten Allzeithoch um gut 5%.
Keine Eskalation in Sicht
Die Größe dieser Zitterbewegungen ist aber gering. Der VDax New
liegt noch unter seinem historischen Mittel. Der US-Markt hat
gemessen am Dow Jones Industrial erst am vergangenen Montag noch
einen Rekordstand erreicht und seither kaum korrigiert. Die Märkte
erwarten also keine militärische Eskalation des Nordkorea-Konflikts.
Es ist zu wünschen, dass sie damit richtigliegen. Voraussagen kann
dies niemand.
Angesichts der stolzen Bewertung vieler Märkte ist eine Korrektur
nur gesund und auch längst überfällig. Wenn sich Marktteilnehmer auf
Kursrückschläge einstellen und sich vermehrt absichern, ist dies
vernünftig. Das Ende der Sorglosigkeit ist ein stabilisierendes
Element. Dass die Sorglosigkeit zuletzt grassiert hat, zeigen nicht
nur niedrige Volatilitätsniveaus oder die niedrigen
Leerverkaufsquoten im deutschen Markt, die schon Anfang Juni
Turbulenzen signalisiert haben (vgl. BZ vom 1. Juni). Wenn kaum
Leerverkäufe getätigt werden, ist dies ein Indiz, dass Risiken nicht
effizient eingepreist werden.
Und Risiken gibt es genügend. Es stellt sich mit Blick auf den
Herbst ja auch die Frage, wie rasch - oder langsam - die US-Notenbank
ihre geldpolitische Straffung weiterverfolgt und wann die Europäische
Zentralbank den Zeitplan für die Rückführung ihres
Anleihekaufprogramms ankündigt. Denn momentan gibt es zinsseitig kaum
Belastungen für die Aktienmärkte. Die steigende Risikoaversion hat
bereits wieder zu rückläufigen Anleiherenditen geführt, und der
starke Euro spricht eher dagegen, dass die EZB ihre Geldpolitik zügig
strafft.
Auch zahme Inflationszahlen in Europa wie in den USA lassen keine
rasche Zinserhöhung erkennen, und der Ölpreis gerät schon wieder ins
Rutschen. Solange nicht politische Eskalationen die Stimmung in der
Realwirtschaft eintrüben, dürfte ein anhaltendes Gewinnwachstum sich
bei gleichbleibender - hoher - Bewertung tendenziell in steigenden
Kursen zeigen.
Erfahrungsgemäß sind August bis Oktober an den Börsen aber eher
schwierige Monate. Die DZ Bank meint denn auch: "Die Zeit für
Gewinnmitnahmen am Aktienmarkt ist günstig." Denn die
Industrieländermärkte - bis auf den EuroStoxx 50 - seien teuer, und
die Berichtssaison in den USA habe ein sehr gutes Ende gefunden. Will
sagen: Während die Risiken nicht kleiner werden, ist das Potenzial
für erfreuliche Überraschungen derzeit eher gering - denn die
Unternehmen müssen erst wieder liefern. Auch eine überraschende
Inflationsdynamik könnte die Bewertungen unter Druck setzen. Nur
sieht es danach nicht aus. Sollten also geopolitische Krisen nicht
eskalieren, spricht dies in Summe zwar eher für weiter leicht
steigende Kurse. Die hohe Bewertung lässt sich aber nur mit niedrigen
Anleiherenditen rechtfertigen. Alle wissen, dass ein Rückschlag
droht, sobald das Gewinnwachstum abflaut oder die Zinsen doch
steigen. Bloß danach gehandelt hat noch kaum einer. Darum wird die
Korrektur dann heftig sein.
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Indizes in diesem Artikel
DAX | 19 251,53 | -0,23% | |
Dow Jones | 44 944,58 | 0,19% | |
EURO STOXX 50 | 4 734,13 | -0,59% |