10.09.2018 20:26:40

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Börsen-Zeitung: Ein Fall für den BGH / Kommentar von Carsten Steevens

zum Auftakt des Kapitalanleger-Musterverfahrens gegen Volkswagen

Frankfurt (ots) - Im mit Spannung erwarteten

Kapitalanleger-Musterverfahren der Sparkassenfondsgesellschaft Deka

Investment gegen Volkswagen und die Porsche Automobil Holding hat der

3.Zivilsenat am Oberlandesgericht Braunschweig am ersten Tag der

mündlichen Verhandlung das Verfahren sachlich eingeleitet.

Insgesamt 193 sogenannte Feststellungsziele sollen abgearbeitet

werden, um zu klären, ob Volkswagen im Zusammenhang mit dem

Dieselabgasbetrug kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten

verletzte. Es geht für die Musterklägerin, hinter der weitere 1650

vergleichbare Fälle stehen, um erlittene Kursverluste. Die

Schadenersatzforderungen summieren sich auf mehr als 9 Mrd. Euro.

Für den VW-Konzern, den "Dieselgate" bereits mehr als 27 Mrd. Euro

kostet, könnte die Rechnung noch um einiges höher ausfallen. Doch

deuten vorläufige Einschätzungen des vorsitzenden Richters im

Musterverfahren zu ersten Sach- und Streitfragen an, dass Ansprüche

verjährt sein und Anleger allenfalls einen Teil ihrer Forderungen

durchsetzen könnten. Möglicherweise werden infolge einer

Gesetzesänderung nur Ansprüche für den Zeitraum nach dem 10. Juli

2012 berücksichtigt. Eine weitere Meinung signalisierte das Gericht

mit dem Hinweis, dass Sittenwidrigkeit mit dem Unterlassen von

Publizität in diesem Fall nicht vorliege. In der zentralen Frage, ob

der Vorstand bis zur Veröffentlichung der US-Behörden im September

2015 nicht involviert war, lieferte der Senat keine Antwort.

Einen Lösungsweg in dem Streit hat das Gericht gestern unter

Verweis auf die Komplexität der rechtlichen Problemstellung nicht

aufgezeigt. Möglicherweise werden noch Zeugen gehört. Doch die

vorläufige Beurteilung des Senats stimmt Kläger wie Beklagte

zuversichtlich. Neben der relativ deutlichen Absage von Ansprüchen

aus der Zeit vor dem 10. Juli 2012 freut man sich bei VW über die

Klarstellung des Senats, ausschließlich eine kapitalmarktrechtliche

Beurteilung vorzunehmen. Eine umfassende Aufarbeitung des

Abgasskandals ist demnach nicht zu erwarten. Der Rechtsvertreter der

Musterklägerin, der Ansprüche ab Juni 2008 für begründet hält und

insgesamt 5,4 Mrd. Euro an institutionellen Klageforderungen

vertritt, schätzt nun, Ansprüche vom 10. Juli 2012 an über 2 Mrd.

Euro durchsetzen zu können. Hinweise, wer am Ende als Sieger aus dem

Musterverfahren hervorgehen wird, hat der erste Verhandlungstag nicht

geliefert. Zu erwarten ist, dass sich noch der Bundesgerichtshof mit

dem Fall beschäftigen wird.

(Börsen-Zeitung, 11.09.2018)

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