05.06.2015 20:46:39

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Börsen-Zeitung: Draghi und die Volatilität, Marktkommentar von Kai

Johannsen

Frankfurt (ots) - Zentralbanker können mit ihren Worten die Märkte

bewegen. Das ist allseits bekannt. Und ist die Wortwahl nicht

behutsam genug, können die Marktbewegungen ziemlich kräftig

ausfallen. Auch das ist nichts Neues. Aber selbst wenn die Wortwahl

behutsam ist oder wenn gar Selbstverständlichkeiten geäußert werden,

die im Grunde genommen jedem Marktteilnehmer klar sind oder zumindest

sein sollten, können die Kursausschläge offenkundig noch sehr kräftig

ausfallen. Dafür ist in der gerade zu Ende gegangenen Woche der

nächste Beweis geliefert worden. Mario Draghi, Chef der Europäischen

Zentralbank (EZB), äußerte sich auf der Pressekonferenz zu den

Anleihemärkten und auch zu dem Bond-Kaufprogramm. Zunächst hielt

Draghi fest, dass das Anleiheankaufprogramm gut läuft und bis

September 2016 fortgesetzt wird oder so lange, bis sich die Inflation

dem EZB-Ziel angenähert hat. Mit dieser Äußerung hatte der Markt

offenkundig noch kein größeres Problem. Besonders neu ist das ja auch

nicht gewesen. Dass die EZB am Kaufprogramm festhält und es nicht

vorzeitig beenden will, hatten schon verschiedene EZB-Vertreter immer

wieder klargestellt.

Renditen steigen kräftig

Eine knappe halbe Stunde später ging der EZB-Chef dann auf die

Schwankungen an den Anleihemärkten ein: Die Kursschwankungen am

Anleihemarkt könnten auf technischen Faktoren, höherem Wachstum und

höherer Inflation beruhen. Außerdem, und das soll nun der

entscheidende Satz gewesen sein, sagte Draghi, dass man sich an

höhere Kursschwankungen gewöhnen sollte. Des Weiteren meinte er, dass

der EZB-Rat einstimmig in der Beurteilung war, dass über die

Kursschwankungen hinweggesehen werden kann. Danach kannte der Markt

dann nur noch eine Kursrichtung, und zwar südwärts. Die Renditen von

Bundesanleihen und Anleihen der Eurozonenperipherieländer schossen

empor. Auch am Donnerstag setzte sich der Kursabstieg zunächst noch

fort. Erst am Nachmittag kehrte wieder Ruhe in die Märkte ein.

Aber was hat Draghi eigentlich gesagt? Im Grunde genommen hat er

nur das ausgesprochen, was sowieso jeder weiß oder wissen sollte.

2014 und Anfang dieses Jahres haben sich die Marktteilnehmer darauf

eingestellt, dass die EZB ein umfangreiches Kaufprogramm für Bonds

auflegen wird, um sich gegen die drohende Deflation zu stemmen. Die

EZB hat dann im Januar auch geliefert und das Bondprogramm

angekündigt. Manch einer im Markt hatte sogar ein noch größeres

Programm erwartet, als letzten Endes nun dabei herumgekommen ist. Und

immer wieder ist analysiert und erklärt worden, welche tiefen Spuren

das Programm an den Märkten hinterlassen wird. Vom kräftigen

Ankündigungseffekt war die Rede und davon, dass die Liquidität in den

Rentenmärkten spürbar abnehmen wird. Und bekanntermaßen kommt es in

weniger liquiden bzw. illiquiden Märkten auch gern mal zu erratischen

Schwankungen. Das ist nichts Neues und kann von Marktteilnehmern auch

an den liquiditätsarmen Feiertagen beobachtet werden, nämlich genau

dann, wenn in einem Land Feiertag ist und in dem anderen Land nicht.

Dann fehlen feiertagsbedingt die Investoren, die Umsätze sprich

Liquidität ist gering und die Volatilität nimmt zu.

EZB kauft ganz routiniert

Und genau das hat Draghi nun mit Blick auf das Anleiheprogramm

eben auch festgehalten. Die EZB kauft - ziemlich routiniert, wie man

im Markt hört - Anleihen. Die nationalen Zentralbanken sind ständig

im Markt präsent. Monat für Monat werden seit März Bonds von Staaten

sowie Agencies im Umfang von 60 Mrd. Euro gekauft. Und im Juni soll

noch einmal aufgedreht werden, weil man bekanntlich im Sommerloch

nicht mehr so viel wie sonst erwerben kann. Und genau diese Käufe

bleiben nicht ohne Wirkung. Aber genau das ist doch immer wieder

prognostiziert worden. Nun ist es eben eingetreten.

Folge des Kaufprogramms

Selbstverständlich werden diese hohen Volatilitäten an den Märkten

bleiben, die Liquidität wird in den einzelnen Segmenten noch weiter

abnehmen. Die Gefahr von erratischen Ausschlägen steigt damit weiter

an. Und Draghi hat natürlich völlig recht, wenn er den

Marktteilnehmer rät, dass man sich besser an solche hohen

Kursschwankungen gewöhnt. Sie sind eben die logische Folge des

Kaufprogramms, dessen Größenordnung bei mehr als 1 Billion Euro

liegt. Es ist nicht nachvollziehbar, wie das am Markt noch

irgendjemanden auf dem falschen Fuß erwischen kann - auch dann nicht,

wenn Draghi es ausspricht.

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