07.11.2018 20:30:40
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Börsen-Zeitung: Diesmal ist es anders, Kommentar zu den Aktienmärkten
nach den Midterms von Dietegen Müller
Frankfurt (ots) - Zwischen 1950 und 2014 hat die US-Benchmark S&P
500 im Jahr nach den Midterm Elections jeweils zugelegt, im Mittel
gar um mehr als 15 Prozent. Dementsprechend gehen viele Analysten -
wenn auch nicht alle - davon aus, dass eine Fortsetzung der nun schon
über neun Jahre dauernden Hausse am US-Aktienmarkt möglich erscheint.
In der ersten Reaktion ist der US-Aktienmarkt dieser Erwartung
gerecht geworden: Er legte im frühen Handel um 1 Prozent zu, während
der Dollar verlor. Doch vor dem Hintergrund der tiefen Spaltung der
amerikanischen Wählerschaft und der Besonderheit des "Phänomens
Trump" sind historische Daten mit Vorsicht zu genießen. Es zeichnet
sich die Möglichkeit einer längeren Blockade in der US-Innenpolitik
ab, verbunden mit einer weiter erratischen Außen-, Sicherheits- und
Handelspolitik des US-Präsidenten, der sich ja als Gewinner der
Midterms fühlt.
Für die Finanzmärkte dürfte daher nicht so sehr die demokratische
Mehrheit im Repräsentantenhaus entscheidend sein, die zunächst als
mäßigendes Element gesehen wird. Abgesehen von einer
öffentlichkeitswirksamen Blockadepolitik und einigen Vorladungen in
nun bald demokratisch geführten Ausschüssen des Repräsentantenhauses
dürfte der Einfluss der Demokraten begrenzt bleiben - was erklärt,
warum Pharma- und Finanztitel am Mittwoch mit Kursgewinnen auf den
Wahlausgang reagierten. Im Finanzsektor scheint eine großzügige
Lockerung der Regulierung unwahrscheinlicher zu sein, und im
Gesundheitssektor dürfte eine Arzneimittelpreisbegrenzung womöglich
wieder auf die Agenda rücken. Doch durch die ausgebaute
republikanische Mehrheit im Senat sind hier für die jeweiligen
Branchen auch kaum einschneidende nachteilige Resultate zu erwarten.
In der nächsten Präsidentschaftswahl 2020 wird es aber in jedem
Fall für die Demokraten schwieriger, eine Mehrheit im Senat zu
gewinnen. Auch die nächste Legislaturperiode könnte also von
Stillstand oder zumindest von zähem Ringen um Kompromisse in der
Gesetzgebung gekennzeichnet sein. Bereits jetzt erwarten Analysten
der Investmentbank Goldman Sachs, dass sich die Spaltung des
Kongresses am stärksten in der Haushaltsdebatte und im Streit über
die Defizitgrenze zeigen dürfte. Sollte es zu einem längeren
"Shutdown", der weitgehenden Stilllegung der Behörden, kommen, wäre
dies für die Konjunktur - etwa wenn Investitionen verzögert werden -
belastend. In Kombination mit einem weiter unberechenbaren
Präsidenten spricht dies dafür, dass die Marktentwicklung diesmal
wohl anders, also auf mittlere Sicht negativ ausfallen dürfte.
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