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19.11.2015 20:56:40

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Börsen-Zeitung: Die Jahrhundertfusion, Kommentar zur DZ Bank und WGZ

Bank von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots) - Herzlichen Glückwunsch - unter Vorbehalt. Wir

haben schon vermeintliche Traumhochzeiten von Banken gefeiert,

zwischen denen wenige Jahre später ein Rosenkrieg tobte und die bald

darauf wieder getrennte Wege gingen, aus ganz unterschiedlichen

Gründen. Oder wir haben Paaren zur Fusion gratuliert, die dann noch

kurz vor dem Standesamt auf dem Absatz kehrtmachten. Das war ja nicht

zuletzt eine Spezialität der beiden genossenschaftlichen

Zentralinstitute, die es jetzt zum wiederholten Male miteinander

versuchen und am Donnerstag per Absichtserklärung so etwas wie ihre

neuerliche Verlobung annoncierten: DZ Bank und WGZ Bank. Hinter ihnen

liegt eine 14-jährige Geschichte der Fehlversuche, an die sie sich

natürlich nicht gerne erinnern lassen möchten.

Aber sicher: "Es wächst zusammen, was zusammengehört", "Anlass zur

Freude für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe" oder

"historischer Moment", so die Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch

und Hans-Bernd Wolberg, das kann man alles unterschreiben. Und man

möchte durchaus auch glauben, dass die Gefahr des Scheiterns diesmal

wirklich nahezu vernachlässigbar ist, weil die Akteure potenzielle

Dealbreaker durch bedeutende beiderseitige Zugeständnisse in einem

frühen Stadium aus dem Weg geräumt und sich beizeiten des Rückhalts

von Eigentümern und Gremien versichert haben. Es hat nach

unterschiedlichen Kriterien auch hierzulande in der Finanzwirtschaft

schon größere Zusammenschlüsse gegeben, nicht unbedingt alle mit

Vorbildcharakter. Dennoch bedeutet die Schaffung einer vereinigten

Zentralbank für sämtliche zurzeit 1026 Genossenschaftsbanken eine

Jahrhundertfusion - schon wegen des Abschlusses eines historischen

Prozesses, der 1872 mit der Gründung der Rheinischen

Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank als erster regionaler

Zentralkasse begonnen hatte. Bis zum Jahr 1907 entstanden 58 dieser

Institute, die den Mittelbau des genossenschaftlichen Kreditwesens

bildeten.

Überzeugende Logik

Seit 2001 die DZ Bank aus der Taufe gehoben wurde, war die WGZ

Bank, deren ältester Vorläufer, die Ländliche Centralkasse, auf das

Jahr 1884 zurückgeht, der letzte Vertreter dieser Spezies. Hier wird

also mit der Abschaffung der mittleren Stufe zwischen Volks- und

Raiffeisenbanken und Zentralinstitut oder, in einer anderen

Betrachtung, mit der Überwindung der letzten regionalen

Zuständigkeitsgrenzen (WGZ Bank: 182 Banken im Rheinland und

Westfalen; DZ Bank: 844 Banken im Rest der Republik) fürwahr

Bankgeschichte geschrieben.

Die strategische Logik dieser Kräftebündelung überzeugt sofort und

war ja als solche auch in der Vergangenheit im Grunde nicht

umstritten. Zwar sind beide Häuser auch in der heutigen Struktur weit

von dem entfernt, was man als "Kleinstaaterei" bezeichnen könnte.

Andererseits passen beide in ihrer verbundorientierten Ausrichtung

und ihren Kulturen perfekt zueinander, während zugleich geschäftliche

Überschneidungen und damit Doppelungen von Infrastrukturen und

Mitarbeitern, aber wiederum auch komplementäre Kompetenzen evident

sind.

Den Luxus, die darin schlummernden Ertrags- und Kostensynergien zu

verschenken, muss man sich leisten können, zumal in Zeiten von

Niedrig-, Null- und Negativzinsen, von Hyperregulierung, des

Megatrends Digitalisierung sowie beinharten Wettbewerbs und damit

verbundenen Margendrucks. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt

einer Fusion beantwortet sich mithin von alleine - vorausgesetzt,

beide Partner können aus einer Position der Stärke agieren, und das

ist hier der Fall.

Friede, Freude, Eierkuchen

Es kommt hinzu, dass die Trennung auf der Zentralbankenebene

angesichts der sonstigen Verbundstrukturen längst wie ein Relikt

wirkt. Anders als Sparkassen und Landesbanken haben die

Kreditgenossen seit langem einen Assetmanager (Union Investment),

eine Versicherungsgruppe (R+V), ein Ratenkredithaus (TeamBank), eine

Bausparkasse (Schwäbisch Hall), seit einigen Jahren auch nur noch

eine Private-Banking-Einheit (DZ Privatbank) und seit kurzem eine

Rechenzentrale (Fiducia & GAD IT), allerdings immer noch drei

Hypothekenbanken. Alles in allem macht es wenig Sinn, bei den

Zentralbanken weiter zweigleisig zu fahren - umso weniger Sinn, wenn

durch die Fusion eine spürbare Kapitalentlastung winkt.

So weit, so gut. Doch die Jahrhundertfusion vermag nicht voll zu

überzeugen. Teilweise haben die Partner den kleinsten gemeinsamen

Nenner gefunden (Beispiel Marke), zugleich überladen sie ihr Projekt

unnötig mit Komplexität (Governancestruktur), in anderen Punkten

(Arbeitsplätze, Bewertung, Einmalkosten der Fusion) bleiben sie

bestenfalls im Ungefähren. Dass etwa die Marke "DZ Bank. Die

Initiativbank" heißen muss, um krampfhaft Elemente beider Häuser zu

vereinen, kann man als Schnickschnack abbuchen. Gravierender ist die

geplante zusätzliche Strategie- und Steuerungsholding, eine alte

Lieblingsidee der WGZ, durch die die DZ Bank von der Mutter zur

Schwester der Verbundunternehmen mutieren soll. Die Vorteile

erschließen sich nicht wirklich, stattdessen schafft man einen

kostenträchtigen Wasserkopf.

Ein weiterer Preis dafür, dass der Aufsichtsratsvorsitz an die

DZBank geht? Obendrein wird das neue Gebilde weit über die

Integrationsphase hinaus bis zu der für 2020 geplanten Transformation

in die Holdingstruktur zur Dauerbaustelle. Was schließlich Standorte

und Arbeitsplätze angeht, klingen die äußerst vagen Auskünfte Kirschs

und Wolbergs sehr nach "Friede, Freude, Eierkuchen". Klarere Ansagen

hätte man zu diesem Zeitpunkt schon erwarten dürfen.

OTS: Börsen-Zeitung

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