05.01.2016 20:36:39
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Börsen-Zeitung: Das Konjunkturprogramm, Kommentar zum Arbeitsmarkt von
Reinhard Kuls
Frankfurt (ots) - In Deutschland ist ein riesiges
Konjunkturprogramm am Laufen. Es heißt: Strukturwandel.
Strukturwandel im gesamtwirtschaftlichen Umfang - bei voller
Auslastung der Kapazitäten.
Dieser Umbau der größten Volkswirtschaft in der Eurozone zeigt
sich in unterschiedlichen Kategorien. Da ist zum einen der bis vor
kurzem von vielen noch kaum für möglich gehaltene Wandel des
Privatkonsums: von einem zwar gewichtigen, aber ganz unspektakulär
expandierenden Teil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage hin zum
nachhaltigen Wachstumsmotor schlechthin. Einem Motor, der den
bisherigen Antrieb der deutschen Wirtschaft, den Export, zwar nicht
völlig ersetzen, aber seine Ausfälle doch ausgleichen kann.
Seine Dynamik gewinnt der private Konsum aus dem seit der großen
Rezession von 2008/2009 anhaltenden Boom am deutschen Arbeitsmarkt.
Und hier manifestiert sich der Strukturwandel der deutschen
Volkswirtschaft in einem anderen Raster: Die Beschäftigung steigt in
Deutschland seit Jahren kontinuierlich, und sie steigt vor allem im
Dienstleistungssektor, kaum in der Industrie oder der Landwirtschaft.
Die Zahlen, welche die Bundesagentur für Arbeit gerade veröffentlicht
hat, zeigen es klar. Der ganz überwiegende Teil der neuen
sozialversicherungspflichtigen Jobs ist 2015 (in dieser Reihenfolge)
in den Bereichen Unternehmensdienstleistungen, Pflege und Soziales,
Handel und Instandhaltung von Kfz, sonstige wirtschaftliche
Dienstleistungen, Gastgewerbe, Verkehr und Lagerei, Gesundheitswesen
entstanden. Dann erst zeigt sich langsam das verarbeitende Gewerbe,
wenn auch nur indirekt als einer der Nutzer von Leiharbeit, aber
direkt gefolgt von der Metall-, Elektro- und Stahlindustrie - also
tief im Mittelfeld. In zwei Wirtschaftszweigen wurden 2015 in
Deutschland per saldo Stellen abgebaut: im Sektor
Bergbau/Energie/Wasser/Entsorgung und im öffentlichen Dienst.
Die immer größere Rolle der Dienstleistungsunternehmen ist auch
deshalb von Vorteil, weil sie weniger von externen Faktoren abhängig
ist als zum Beispiel die stark auf den Export fokussierte deutsche
Industrie. Diese leidet noch immer unter der Flaute im Welthandel und
der Schwäche an ihren wichtigen Absatzmärkten in den
Schwellenländern.
Wenn es der deutschen Volkswirtschaft gelingt, diesen Umbau hin zu
mehr Binnenaktivität voranzutreiben, ohne dabei jedoch ihr
industrielles Fundament aufzugeben, das global ihr Wettbewerbsvorteil
ist, schafft sie ein weiteres kleines Wunder. Der Aufschwung nährt
sich dann selbst.
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