25.05.2018 20:50:50

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Börsen-Zeitung: Brandbeschleuniger/Kommentar von Kai Johannsen über

gebündelte europäische Staatsanleihen

Frankfurt (ots) - Die Eurozonen-Peripherie beschäftigt wieder die

Finanzmärkte, genauer gesagt Italien und nun auch noch Spanien. In

Italien ist es die Sorge vor einem harten Konfrontationskurs der

neuen eurokritischen Regierung mit der EU und in Spanien die Furcht

vor einer Regierungskrise. Das sorgt für steigende Renditen bei den

Staatsanleihen beider Länder. Anleger stellen sich zunehmend die

Frage, ob Italien und vielleicht Spanien das Potenzial haben, die

Schuldenkrise wieder aufflammen zu lassen - womöglich noch heftiger

als beim vorigen Mal. Da setzt so mancher viele Hoffnungen in ein

neues Produkt, das die EU nun aus der Taufe heben will: European

Safe Bonds - bei der EU unter dem Namen Sovereign Bond-backed

Securities (SBBS). Im Prinzip sollen die SBBS, mit denen die Politik

die Stabilität der Eurozone erhöhen, also die Risiken für die

Finanzstabilität verringern möchte, folgendermaßen funktionieren. Es

werden nach einem Kapitalschlüssel (zum Beispiel dem der EZB)

Staatsanleihen der Eurozonenländer in einen Topf (Pool) geworfen. Die

Finanzierung dieses Ankaufs soll über die Emission von solchen SBBS

erfolgen. Dabei bedient man sich einer Tranchierung. Geschaffen

werden mehrere Tranchen, eine oder zwei Junior-Tranchen von insgesamt

30% und eine Senior-Tranche von 70%. Kommt es im Rahmen einer Krise

zu Verlusten (Ausfällen), haften erstmal die Inhaber der

Junior-Tranchen dieser Anleihen. Als Käufer stellen sich die

Verantwortlichen Hedgefonds vor, die ja gern ins Risiko gehen. Sie

erhalten dann auch eine höhere Verzinsung. Sind die 30%

"aufgefressen", haben diese Anleger bei Ausfällen also "geblutet",

dann kommen bei weiteren Verlusten die nächsten Anleger in der

Haftungsreihe dran, also die Inhaber der Senior-Tranche (Banken,

Versicherer) - so sieht vereinfacht ausgedrückt die Theorie aus. Ob

dieses Konzept allerdings am Markt auf positive Resonanz stoßen wird,

sollte mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Die

Verantwortlichen betonen immer wieder, dass es sich hierbei nicht um

gemeinsame Staatsanleihen handelt. Das ist richtig. Von den SBBS zu

gemeinsamen Staatsanleihen ist es dann aber nur noch ein winzig

kleiner Schritt, und im Grunde genommen ist mit den ESB/SBBS das

Grundprinzip der gemeinsamen Schuldenfinanzierung schon realisiert.

ESB weisen eine sehr hohe Ähnlichkeit zu einem CDO (Collateralized

Debt Obligation) bzw. CBO (Collateralized Bond Obligation) auf:

Kredite bzw. Bonds kommen in einen Topf, anschließend werden Tranchen

gebildet, und diese werden an private Investoren verkauft mit

unterschiedlichen Graden an Verlustabsorption. Genauso sieht es hier

aus. Diese Produkte, die in der Finanzkrise heftige Spuren

hinterlassen haben, wurden über Zweckgesellschaften verkauft. Das

soll bei ESB ebenfalls wieder so gemacht werden. Gerade

Zweckgesellschaften stoßen bei Investoren nicht auf große Gegenliebe.

Alles, was erklärt werden muss, und das müssen Zweckgesellschaften

und ihre Vorgehensweise auch, sorgt immer für hochgezogene

Augenbrauen. Und dass gerade strukturierte Produkte, mit denen die

Finanzwelt in den vergangenen Jahren nicht die besten Erfahrungen

gemacht hat, nun das Heilmittel für eine mögliche Staatsschuldenkrise

sein sollen, mag so mancher auch nicht recht glauben. Kritiker werden

sehr deutlich, was die Ausgestaltung des Produktes betrifft. "Das

Produkt ist nicht vom Markt her gedacht. Niemand wartet darauf. Die

Umsetzung erfordert aber die Initiative der Kapitalmarktteilnehmer,

so dass der Vorschlag am Ende ins Leere laufen kann", sagt Hendrik

Haag, Partner für Kapitalmarktrecht bei der Rechtsanwaltskanzlei

Hengeler Mueller, dieser Zeitung. Man fragt sich natürlich auch, wie

so ein Produkt reagieren würde, wenn es tatsächlich zu einer Krise

kommt. Vor allem muss man sich der Kapitalmarktwirkungen bewusst

sein, wenn von möglichen Ansteckungseffekten die Rede ist, und die

tauchen an den Märkten sehr schnell auf. Wenn ein Land auszufallen

droht, haften die Inhaber der Junior-Tranche. Wenn das nächste Land

kommt, vielleicht wieder diese, dann aber irgendwann die Inhaber der

Senior-Tranche. Doch man sollte berücksichtigen, dass man sich von

solchen Anleihen auch vorher trennen kann. Und vermutlich werden die

Inhaber der jeweiligen Anleihen nicht so lange warten, bis der

Haftungsfall eintritt. Die Papiere könnten nacheinander gnadenlos

verramscht werden. Ob sich so ein SBBS-Gebilde noch retten lässt,

wenn sein Markt abrutscht? SBBS wären dann nicht die Feuerwehr,

sondern der Brandbeschleuniger. Keine gute Idee. (Börsen-Zeitung,

26.5.2018)

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