11.06.2019 20:30:40

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Börsen-Zeitung: Bange machen gilt nicht, Kommentar zur

Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen von Walther Becker

Frankfurt (ots) - Knirps in der weltpolitischen Relevanz, Gnom im

Vergleich der Marktkapitalisierung börsennotierter Unternehmen und

Zwerg im Wachstum von Umsatz und Gewinn. Ausgerechnet die deutschen

Konzerne, von denen es 2018 gerade mal 44 ins Ranking der 1000 global

umsatzstärksten gelisteten Gesellschaften schafften, sind im Wachstum

im vergangenen Jahr Schlusslicht gewesen.

Dass die größte Volkswirtschaft Europas in vielerlei Hinsicht

nicht gerade in einer Topverfassung ist, hat seine Gründe. Was das

Hinterherhinken in Umsatz- und Ergebniswachstum anbetrifft, sind sie

ähnlich denen, warum Deutschland in puncto Marktkapitalisierung ein

Zwerg ist. Europa ist strukturell ein Industriestandort. Doch gerade

die klassische Industrie steht in der Investorengunst weit hinter IT,

Software und Telekommunikation, die auf ganz andere Bewertungshöhen

kommen.

So sind mit Technologie und Digitalisierung US-Technologiekonzerne

derzeit das Maß der Dinge. Die Amerikaner profitieren von ihrem

großen und prosperierenden Heimatmarkt. Die europäischen Rivalen

arbeiten in einem Markt, der sich aus vielen Jurisdiktionen

zusammensetzt, mit teilweise großen politischen und regulatorischen

Unterschieden. Brexit und Populisten belasten Wachstum und

Perspektiven.

In den USA hingegen werden die Großkonzerne nach Kräften vom

US-Präsidenten unterstützt, auch wenn es hin und wieder

Twitter-Tiraden gegen Amazon oder AT&T gibt. Allein die Steuerreform

spülte den Konzernen Milliarden in die Kasse, die sie für

kurssteigernde Aktienrückkäufe nutzen. Deutschland punktet hingegen

mit dem starken und soliden Mittelstand. Die kleinen und mittleren

Unternehmen holen zwar kräftig auf, streben aber nur selten an die

Börse und sind keine Vorreiter der Digitalisierung.

Zudem schwächelt das Wirtschaftswachstum in Europa. Viele

Unternehmen leiden unter dem US-Handelsstreit mit China und

Konflikten mit anderen Ländern, die die USA großteils auf dem Rücken

anderer austragen. Gerade die Stärke der Internationalisierung

schlägt so in Zeiten des Protektionismus und politischer Volatilität

ins Kontor.

Hinzu kommt, dass zahlreiche Konzerne in einem tiefgreifenden

Umbruch stecken. Teils haben sie dies - wie einige mit Betrügereien

aufgefallenen Autokonzerne - selbst verschuldet, teils sind es

branchenspezifische Herausforderungen wie die Veränderung der

Mobilität. Doch die nötige Restrukturierung macht fit für die Zukunft

und vollzieht sich auf Basis einer noch immer ansehnlichen

Profitabilität und Prosperität. Bange machen gilt nicht.

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